„Distortion“ von Constanza Macras

„Distortion“ von Constanza Macras

Poetischer HipHop

Constanza Macras und die HipHop Academy mit „Distortion – Verzerrung“ auf Kampnagel

Der Titel ist ein wenig irreführend. Verzerrt – und gar nicht mal so unangenehm – werden hier allenfalls Töne, weniger der Tanz. Dem wird sogar eher gehuldigt.

Hamburg, 15/02/2013

Es war ein bisschen wie ein Familienfest in der Kampnagelfabrik, abends am 14. Februar. Nicht etwa wegen des Valentinstages, sondern aufgrund der Premiere der Produktion von Constanza Macras „Distortion – Verzerrung“. Da hatten offenbar einige Kinder ihre Eltern beschwatzt, und die dürften die Investition nicht bereut haben.

Der Titel ist ein wenig irreführend. Verzerrt – und gar nicht mal so unangenehm – werden hier allenfalls Töne, weniger der Tanz. Dem wird sogar eher gehuldigt. Denn was Constanza Macras da zusammen mit zehn Tänzern der 2007 gegründeten HipHopAcademy Hamburg und zwei Performern von „Dorky Park“ auf den Tanzboden der K6 zauberte, ist Vergnügen pur. Nicht nur wegen der brillanten Einlagen der HipHop-Künstler, sondern weil Macras es versteht, verschiedenste situative Bilder zu einer nahezu poetischen Gesamtkomposition zu verweben. Da trifft virtuoser Breakdance (herausragend: Marco Groth, Franklyn Kakyire) auf rührende, volksliedhaft-verfremdete Gesangseinlagen, freches Beatboxen (großartig: Guido Höper) auf Allround-Performance (die Spezialität von Can Gülec) und Rap (ebenso grandios: Alassane „A-Jay“ Jensen). Mal performen sie einzeln, mal alle zwölf zusammen – immer voller Lust und Freude an der Bewegung, immer mit einem gewissen Augenzwinkern, das selbst den schwierigsten Figuren die Schwere nimmt. Die einzige Frau in der Gruppe (Jennifer Gifty-Lartey) fügt sich dabei homogen in die Männerriege bzw. die Männer integrieren sie auf Augenhöhe – das ist Emanzipation pur.

Komplettiert wird das ganze von zwei Ausnahme-Musikern: Marc „Sleepwalker“ Wichmann ist HipHop- und Musikproduzent und mischt die Sounds virtuos und eben häufig virtuos verzerrend, kongenial ergänzt von Kristina Lösche-Löwensen mit Geige, Keyboards und dem selten gehörten Theremin, das berührungslos gespielt wird (und z.B. auch in der Musik von Lera Auerbach zu Neumeiers „Kleiner Meerjungfrau“ verwendet wird).

Der 42-jährigen Argentinierin Macras ist hier ein Stück gelungen, das immer wieder spannende Bewegungs-Bilder produziert – nie wirkt es langweilig oder eintönig. Es ist durchwebt von Witz und gleichzeitig auch von Melancholie, von Dynamik und Stille, und das mit einer Innigkeit und Hingabe, wie man sie in diesem Genre selten sieht. Was kann man mehr erwarten?

Weitere Vorstellungen am 15. und 16. Februar um 19 Uhr, Kampnagelfabrik Hamburg
 

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