Tanzpreis 2013 für Ulrich Roehm
Tanzpreis 2013 für Ulrich Roehm

Der Vater des „Deutschen Tanzpreises“

Ulrich Roehm wird zum Abschied geehrt

Der umtriebige Tanzpädagoge und langjährige Berufsverbandsvorsitzende, sei „ein Tänzer vom Scheitel bis zur Sohle“ heißt es in der Begründung für die Preisverleihung an den gebürtigen Essener.

Essen, 28/02/2013

Wenn der „Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik“ am 2. März auf der großen Bühne des eleganten Essener Aalto-Theaters den 30. „Deutschen Tanzpreis“ im Rahmen der traditionell mehrstündigen Gala verleiht, steht der Mann im Rampenpunkt, der diese werbeträchtigste Veranstaltung für den Tanz in Deutschland 1983 erfunden hat. Ulrich Roehm ist der Vater der undotierten, aber dennoch hochbegehrten Auszeichnung an Persönlichkeiten, die den Bühnentanz in Deutschland durch ihre Kunst und pädagogische Arbeit am meisten gefördert und zu dem heute internationalen Ansehen von Deutschland als „Tanzland“ beigetragen haben. Ohne Zweifel hat Ulrich Roehm sich diesen Preis zu seinem Abschied aus dem aktiven Berufsleben im 80. Lebensjahr redlich verdient. Wenige deutsche Tanzschaffende haben auf derart vielfältige Weise, mit derartiger Zielstrebigkeit, Weitsicht und Beharrlichkeit dem deutschen Bühnentanz zu mehr Aufmerksamkeit verholfen.

Der umtriebige Tanzpädagoge und langjährige Berufsverbandsvorsitzende, sei „ein Tänzer vom Scheitel bis zur Sohle“ heißt es in der Begründung für die Preisverleihung an den gebürtigen Essener. Schon als Waldorf-Schüler interessierte er sich für Theater und Tanz. Der Ausbildung an der Folkwangschule folgten Engagements als Solist im belgischen „Ballet Royal de Wallonie“, im Folkwang-Ballett und an den (damaligen) Städtischen Bühnen Essen. Zahlreiche Gastspiele führten Roehm durch ganz Europa. Ein Angebot des National Ballet of Canada entführte ihn mit der Familie nach Toronto, wo er fünf Jahre blieb und seine tanzpädagogische Tätigkeit begann.

Zurück in Essen eröffnete er sein Tanzstudio, das bis heute besteht, und unterrichtete nach dem Vorbild der Royal Academy of Dance (RAD, London). 1975 beauftragte die Londoner Direktion ihn mit dem Aufbau der RAD-Organisation in Deutschland, die heute floriert.

Gleichzeitig gründete Roehm den „Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik“ - seine wichtigste, nachhaltigste Tat. Denn bis heute gibt es in Deutschland kein staatlich anerkanntes Berufsprofil, so dass sich jedermann ohne den Nachweis einer qualitativen Eignung - etwa der Ausbildung an einer Akademie - eine Ballettschule oder ein Tanzstudio eröffnen kann. Allerdings existiert auch keinerlei Berufsschutz. 1977 rief Roehm die Zeitschrift „Ballett Intern“ ins Leben. 1985 gründete er im Auftrag des Kulturministeriums von Südtirol das Festival „Ballettsommer Bozen / Bolzano Danza“ („Bozen tanzt“) und initiierte eine Vielzahl weiterer Projekte und Programme nicht nur in Deutschland zu Wohl und Wahrnehmung des Tanzes. Mit der Gründung des „Transition Zentrum Deutschland“ unter den Fittichen vom neuen „Dachverband Tanz Deutschland“ eröffnen sich nun endlich realistische Chancen für eine gezielte Unterstützung neuer Perspektiven für ausscheidende Tänzer.

Mit Ulrich Roehms Abgang aus dem aktiven Berufsleben wird die deutsche Tanzszene um eine dynamische, schillernde Persönlichkeit ärmer. Günter Pick, nur zehn Jahre jünger, aus derselben „Talentschmiede“ und seit langem 2. Vorsitzender des Berufsverbandes, garantiert sicher vorerst die Kontinuität des Gala-Events „Deutscher Tanzpreis“. Auf einen echten Generationswechsel darf man gespannt sein. Zu wünschen wäre ein breiteres Spektrum der Preisträger als nur immer die Hofierung der zweifellos einzigartigen „Stuttgarter Schule“, und ab und an ein bisschen „Folkwang“. Neue Tanztendenzen und -techniken haben ja längst Studios und Bühnen erreicht. Vielleicht trägt der „Deutsche Tanzpreis“ dieser Vielfalt in Zukunft etwas mehr Rechnung.

 

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