Kann Tanz manipulieren?

Edan Gorlicki nutzte seine Residenz am Choreographischen Centrum für intensive Forschung

Als Tänzer in renommierten Compagnien – wie die Batsheva Dance Company aus seiner israelischen Heimat - war Edan Gorlicki schon auf der ganzen Welt unterwegs, als Choreograf hat er vor allem in Deutschland und den Niederlanden gearbeitet und in Groningen eine neue künstlerische Heimat gefunden.

Heidelberg, 04/05/2014

Als Tänzer in renommierten Compagnien – wie die Batsheva Dance Company aus seiner israelischen Heimat - war Edan Gorlicki schon auf der ganzen Welt unterwegs, als Choreograf hat er vor allem in Deutschland und den Niederlanden gearbeitet und in Groningen eine neue künstlerische Heimat gefunden. Er ist ein intellektueller Wegbereiter aktueller Choreografie und ein intellektueller Grenzgänger im Bereich von Wissenschaft, Film, Drehbuch und Dramaturgie. Die von ihm entwickelte Tanztechnik „LAMA“ wird für Tanzworkshops international hoch gehandelt. Jede Menge Erfahrung bringt er also mit, der zweite Künstler nach der Hamburgerin Franziska Henschel, der für eine vierwöchige Residenz ins brandneue Choreographische Centrum in Heidelberg eingeladen wurde.

Aber eine solche Chance wie in Heidelberg hatte er noch nie: sich ganze vier Wochen lang ohne Produktionsdruck auf eine künstlerische Frage zu konzentrieren. Was ihn gegenwärtig umtreibt, ist die Frage nach Macht und Kontrolle – und er verfiel dabei auf das Spiel als eleganteste Form der Manipulation des Gegenübers. Wer ein Spiel gewinnen möchte, sollte bekanntlich selbst die Spielregeln bestimmen – nach dieser Maxime forschte Edan Gorlicki mit fünf handverlesenen TänzerInnen, wie sich das Spiel mit der Macht in Bewegungen auf der Tanzbühne ummünzen lässt – unter Einbeziehung des Publikums.

In einem einstündigen, öffentlichen „Showing“ präsentierte Gorlicki mit seinen Tänzern anregende, spannende und verblüffende Ergebnisse dieser tänzerischen Feldforschung, und die Zuschauer durften sich vergnügt manipulieren lassen. Spannend war diese Versuchsanordnung nicht nur fürs Publikum, sondern auch für den Choreografen – der bei der anschließenden Diskussion freimütig aus dem Nähkästchen plauderte und mindestens so viel Fragen stellte wie die durchweg begeisterten Besucher. Das neue Format „Showing“ als Präsentation der Arbeitsergebnisse im Chorographischen Centrum hat seine Feuertaufe überzeugend bestanden.
Erdan Gorlicki war rundherum begeistert von seiner Residenzzeit in Heidelberg. Noch nie hat er mit so viel Zeit und so viel Freiheiten ein Thema bearbeiten können, das erst in einer zweiten Probenphase in eine konkrete Produktion münden wird. Für ihn sind „Wahrheit“ und „Klarheit“ unverzichtbare Parameter künstlerischer Qualität; zumindest in Sachen Klarheit ist er der Beantwortung seiner Fragestellung deutlich nähergekommen.

Und weil die Tanzwelt sich zum Glück immer besser vernetzt, kann man ja auch ein bisschen darauf hoffen, dass irgendwann das Endergebnis des tänzerischen Nachdenkens über Macht und Kontrolle auch in Heidelberg zu sehen sein wird. Die Heidelberger TanzAllianz aus Städtischer Bühne und UnterwegsTheater hat immerhin das Choreographische Centrum ins Leben gerufen und die erste Tanzbiennale Wirklichkeit werden lassen. Vielleicht – spekulieren kostet ja nix – ist dann in zwei Jahren Erdan Gorlicki mit seinem fertigen Stück in Heidelberg zu Gast.

 

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