"Trias" der Kompanie Theater der Klänge in Düsseldorf

„TRIAS“ der Kompanie Theater der Klänge in Düsseldorf

Schlemmer reloaded

„TRIAS“ vom Düsseldorfer Theater der Klänge

Statt „hohe Bauhauskunst“ zu zelebrieren, betont Jörg U. Lensings Inszenierung „das Clowneske und Karnevalistische in Schlemmers Zugang zur Bühne“. Mit „TRIAS“ legt das kleine rheinische Ensemble eine eigenwillige Interpretation des Tanzstücks vor.

Düsseldorf, 16/01/2015

Nach dem Bayerischen Staatsballett mit seiner Rekonstruktion des „Triadischen Balletts“ von Gerhard Bohner angelehnt an Oskar Schlemmers unvollendetes Experiment, Skulptur und Tanz zu einem völlig eigenständigen „deutschen Ballett“ zusammenzuführen, nutzt nun auch Düsseldorfs „Theater der Klänge“ das Ende der rechtlichen Aufführungsrestriktionen, die bis 2014 galten. Mit „TRIAS“ legt das kleine rheinische Ensemble um Intendant Jörg U. Lensing eine eigenwillige Interpretation des Tanzstücks in der Choreografie von Jacqueline Fischer vor. „Anstelle automatisierter, starr entmenschlichter Figurinen zu einer mechanisierten Musik thematisiert TRIAS die Explosion und Freude der körperlich-musikalischen Aktion im Theater“, formuliert Lensing. Statt „hohe Bauhauskunst“ zu zelebrieren, betone seine Inszenierung „das Clowneske und Karnevalistische in Schlemmers Zugang zur Bühne“. Dass bei der gefeierten Premiere manches noch deutlich den Charakter von „work in progress“ trug und die Anstrengung des ehrgeizigen Unterfangens zu spüren war, verlieh dem Abend eine besonders authentische Note.

Am Ende der 80-minütigen Inszenierung ist die Tanzwelt wieder im Lot. Vor dem Finale des Kammerballetts streifen die drei Tänzer ihre Kleider im Farbdreiklang von rot, blau und gelb mit Reifen im Saum ab und zelebrieren eine raffinierte, körperumschlingende Akrobatik-Nummer. So geht Tanz heute! Zuvor entspann sich ein elfteilige Szenen-Folge in Anlehnung an Schlemmers Vorbild. Die starr geometrischen, expressionistisch abstrakten Formen der Kostüme von damals in reinen Farben auf Holz und Metall mildert das Düsseldorfer Ensemble durch geschmeidigere Materialien und weiche Polsterungen ab. Dass der menschliche Körper sich nicht in ein völlig starres Korsett zwängen lässt, ist die liebenswerte Antwort der Truppe. Das Premierenpublikum spendete lang anhaltenden Applaus.

Das „Clowneske“ gelingt Darwin Diaz als Zylindermann, Harlekin und Weißer Tänzer am besten. Karneval-Klamauk bringt Kai Bettermann aufs Parkett als etwas hölzerner Conferencier und musikalischer Pausenclown mit Cello (samt Degen statt Bogen) oder Straßenmusikus, behängt mit allerlei Instrumentarium von Kuhglocke bis Spielzeug-Quetschkommode und Kinder-Xylophon.

Leise, mit eleganter Armgestik und leichtem Trippeln auf der Stelle beginnt Phaedra Pisimisi im „Rundrock“. Klar wie eine Bach‛sche Invention perlt dazu die Begleitung des Komponisten-Pianisten Thomas Wansing aus den Tasten. Dramatisch steigert sich das Crescendo von Musik und Bewegung. Grandios wirbelt schließlich die feurige „Spirale 2“ (Elisa Marschall) durch den Raum. Edel wirken die „Scheibentänzer“ im Profil (Phaedra Pisimisi, Darwin Diaz) in Zeitlupe. Die Musik, nun ergänzt von Cello (Beate Wolff) und Schlagzeug (Oliver Eltinger), laviert zwischen sehr moderater Moderne und fetzigen, motorischen Jazz-Passagen. Die Tänzer kokettieren und triumphieren, gelegentlich erfrischend spitzbübisch, über ihre steifen Körper-Requisiten, behindernden Beinkleider und Polsterungen. So hüpft Darwin Diaz, aufgeplustert wie ein weißer Schlumpf, als Weißer Tänzer in die Arme seiner zierlichen Ballerina Elisa Marschall. Mit ihrem vielfachen Lampenschirmplissee-Tutu und in kostbar glitzernden Spitzenschuhen trägt sie ihn von der Bühne als wär‛ er nur ein Hauch aus Ballonseide. Auch Elisa Marschall gibt sich als „Glockenpuppe“ und „Weiße Tänzerin“ verschmitzt, während Phaedra Pisimisi als geheimnisvoll glitzernde „Drahtleuchtfigur“ (eine veritable „Königin der Nacht“!) damenhafte Aura ausstrahlt.

Design und Herstellung der 18 ungewöhnlichen Outfits für Taucher, Goldkugeln, Beckentürke, Stäbetürke, Kugelhände und wie sie alle heißen stammen von Caterina Di Fiore und wurden von ihr hergestellt mit Unterstützung von Studierenden der Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Design. Im Dortmunder „Depot“ (Immermannstraße 39) finden deshalb auch die ersten Folgestellungen (am 7. und 8. Februar) als Auftakt zur geplanten Tournée statt. „Trias“ ist die zweite Produktion des freien Theaterensembles nach „Mechanisches Ballett“ mit Schlemmers Bauhaustänzen. Eine Verfilmung beider Produktionen soll in Zusammenarbeit mit der Abteilung „Film&Sound“ der Fachhochschule Dortmund folgen.

Ob Schlemmers Ballett – nun befreit von allen rechtlichen Restriktionen – eine Zukunft hat, wird sich zeigen. Einen Platz in der Tanzgeschichte haben seine Ideen schon lange.

 

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