Patrick Delcroix' „Odyssee“ am Aalto-Theater Essen

Patrick Delcroix' „Odyssee“ am Aalto-Theater Essen

Unsägliche Odyssee

Patrick Delcroix versucht ein Handlungsballett

Das Beste an Delcroix' erstem Handlungsballett ist die Kürze: knappe 75 Minuten dauern die „abendfüllenden“ Irrfahrten des Odysseus - eher ein Quicktrip von Quickie zu Quickie mit Göttin, Zauberin, Nymphe und putzigen Meeresungeheuerarmen.

Essen, 18/05/2015

Das Beste an Patrick Delcroix‛ erstem Handlungsballett ist die Kürze: knappe 75 Minuten dauern die „abendfüllenden“ Irrfahrten des Odysseus – eher ein Quicktrip von Quickie zu Quickie mit Göttin, Zauberin, Nymphe und putzigen Meeresungeheuerarmen in Cocktailkleidchen, die bei jedem Schwung der geschleuderten und gespreizten Beine so schön hochfliegen und pralle Bäckchen unter dünnen Höschen zeigen. Der Krieg, für den sich der mythische Held in herzzerreißender Ausführlichkeit von Gattin Penelope, Mutter Antikleia (in eleganter Abendrobe) und Sohn Telemachus verabschiedet, findet nicht statt. Der markige Mann sticht mit einem Rudel bestens gelaunter Gefährten in Freizeitklamotten einfach so in See wie zu einer Vatertags-Landpartie. Eine Riege riesiger Weinfässer ist schon an Bord. Zur Erholung nach den Landgängen schaukelt sich‛s gut in einer Hängematte aus Schiffstauen.

Penelope indes hockt gelangweilt auf einem Bänkchen vor dem Haus. Ab und an taucht eine Männermeute in dezenten Nadelstreifen auf, die Penelope gar nicht mag. Aber man bittet so artig und beharrlich zum Tänzchen – da macht sie halt mit. Was soll‛s. Veritable Zirkusnummern sind das mit halsbrecherischen Würfen, Hebungen und Verschlingungen im Pulk. Penelope geht sicher, dass sie festen Halt hat, wenn sie so von Mann zu Mann gereicht wird und streckt die Ärmchen dem nächsten entgegen. Sohn Telemachus setzt dem Treiben der Eltern schließlich ein Ende und schleppt den Vater heim. Schnell macht sich das Ehepaar nackig und treibt‛s vor Freude genau so fetzig wie beim vermeintlich so traurigen Abschied.

Im Grunde hat Delcroix nicht viel mehr choreografiert als in „Cherché, trouvé, perdu“ oder „End-Los“ für das Aalto-Ballett. Technik, Musik-Collage und Ambiente mit Lichtbündeln und Nebelschwaden ähneln sich in vielem. Entertainment hat in diesem Haus ohnehin oberste Priorität. Für klassisch geschulte Tänzer bedeutet der Mix aus Akrobatik und Streetdance eine enorme Anstrengung. Tomáš Ottych (Odysseus), Elisa Fraschetti (Penelope), Michelle Yamamoto (Athene), Julia Schalitz (Kirke), Anna Khamzina (Kalypso) und all die anderen liefern eine beachtliche Leistung ab. Aber Delcroix sollte doch lieber bei seinen eher handlungslosen Kurzballetten bleiben.

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