Raphael Coumes-Marquet als Albrecht in „Giselle“

Raphael Coumes-Marquet als Albrecht in „Giselle“

Ein traumhafter Abschied

Der Tänzer Raphaël Coumes-Marquet hat sich als Albrecht in „Giselle“ von der Bühne verabschiedet

Er kam, er tanzte, das Publikum schloss ihn ins Herz. Vor neun Jahren holte Aaron S. Watkin den in Frankreich geborenen Tänzer nach Dresden.

Dresden, 07/07/2015

Sofort, schon mit den ersten Auftritten war klar, es war Watkin wieder einmal gelungen eine Tänzerpersönlichkeit für das Semperoper Ballett zu gewinnen, bei der zur technischen Brillanz die Besonderheit der individuellen Ausstrahlung kommt. Mit dem hochgewachsenen Raphaël Coumes-Marquet hatte er einen Tänzer gewinnen können, der einerseits den Ansprüchen klassischer und neoklassischer Stile exzellent gerecht wird, zum anderen verblüffende Akzente in den Choreografien der Moderne zu setzen vermag. Zudem brachte der an der École de Danse de l’Opéra de Paris ausgebildete Künstler beste Erfahrungen aus seinen Engagements als Solist beim Het Nationale Ballet Amsterdam, Les Ballets de Monte Carlo und dem Ballett der Wiener Staatsoper mit nach Dresden.

So konnte Raphaël Coumes-Marquet so eindringlich wie berührend die Einsamkeit des Drosselmeier in John Neumeiers genialer Deutung von Tschaikowskis „Der Nussknacker“ tänzerisch gestalten und mitunter am nächsten Abend den großen Linien in den Choreografien von David Dawson folgen oder bei Kreationen von William Forsythe die ihm eigene Eleganz mit der nötigen Exaktheit verbinden. Immer wieder erstaunlich, wie dann im Verlauf seiner Dresdner Karriere der Tänzer mit den Partien des klassischen und neoklassischen Repertoires überzeugte und es vermochte seinen Rollen im weiten Spektrum der Moderne jeweils höchst persönliche Akzente zu geben.

Dass er nicht nur hier erfolgreich war, belegen seine Auftritte bei zahlreichen Gastverpflichtungen. Zuletzt wurde er vor wenigen Tagen gemeinsam mit Elena Vostrotina in der von Eric Gauthier präsentierten Gala des „COLOURS - International Dance Festival“ im Stuttgarter Theaterhaus mit einem Pas de deux von William Forsythe gefeiert.

Jetzt hat sich Raphaël Coumes-Marquet als Albrecht im Ballett „Giselle“ in der Fassung und Choreografie von David Dawson von der Bühne verabschiedet. Diese Partie hatte Dawson 2008 mit dem Tänzer gemeinsam erarbeitet, er hat sie für ihn kreiert und zum Abschied konnte man noch einmal beglückt erleben, wie genau und sensibel es der Choreograf vermochte der Persönlichkeit des Tänzers mit höchster Achtung zu entsprechen und dennoch neue Akzente zu setzen.

In der Rückschau bemerkt Raphaël Coumes-Marquet angesichts der Abschiedssituation, dass es gerade in dieser Partie, nicht zuletzt auch wegen der intensiven Gestaltung durch den Choreografen, um die Reise eines Mannes gehe, der zurücklassen muss, was geschehen ist. Welche besondere Dimension dies für ihn am Abschiedsabend nach seinem 30-jährigen „Tänzerleben“ erreichte, konnte man in der Aufführung am Montag, besonders im zweiten Akt erleben. So, wenn er im Reich der Wilis sein traumverlorenes Solo tanzt und mit seiner Partnerin Duosi Zhu in David Dawsons berührende Varianten der Kunst des Pas de deux übergeht, bei denen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit ineinander übergehen.

Für Raphaël Coumes-Marquet wird es in Dresden weitergehen. Als Ballettmeister bleibt er dem Semperoper Ballett erhalten, da sind seine Erfahrungen gefragt, immerhin zeigte sich an diesem Abend etwa bei Tänzern wie Francesco Pio Ricci, Joseph Hernandez, Julian Amir Lacey und Johannes Schmidt, bei Alice Mariani, Chiara Scarrone oder Yuki Ogasawara, dass der „Nachwuchs“ bestens vorbereitet ist. Höchst erfreulich, dass am Pult der Staatskapelle erneut der britische Dirigent Benjamin Pope steht und zum Tanztraum auf der Bühne die traumhaft schönen Klänge des Orchesters kommen. Pope als vielseitiger Künstler und anerkannte Dirigentenpersönlichkeit in der weltweiten Ballettszene errang ganz besondere Aufmerksamkeit, als er mit dem London Philharmonic Orchestra ein Konzert für Blumen dirigierte.

Mit üppigen Blumenbouquets bedankte sich Aaron S. Watkin bei seinem ersten Solisten und David Dawson bei dem Albrecht in seiner „Giselle“. Das Publikum hatte den Tänzer - ungewöhnlich aber hoffnungsvoll für Dresden – schon mit einem Auftrittsapplaus begrüßt und entließ ihn mit dankbarem, jubelndem Schlussapplaus.

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