Lothar Späth mit Marcia Haydee und Ulrich Roehm
Lothar Späth mit Marcia Haydee und Ulrich Roehm

Ein wichtiger Freund des Tanzes ist von uns gegangen

Pick bloggt zum Tod von Lothar Späth

Er war nicht nur ein großer Politiker, sondern auch ein großer Freund des Tanzes: Lothar Späth ist am vergangenen Freitag im Alter von 78 Jahren verstorben.

Stuttgart, 20/03/2016

Er war ein großer Politiker und für seine Heimat Schwaben eigentlich unersetzlich, als man ihm damals aus einer Lappalie, der Einladung eines Industriellen zu einer Ferienreise, einen Strick drehte. Nach fast drei Legislaturperioden nahm er also seinen Hut, um wieder das zu tun, was er gelernt hatte und wie kein zweiter konnte, ins Management zurückzukehren. Er ging in den Osten nach der Wende und machte aus den heruntergewirtschafteten Zeiss-Werken wieder eine blühende Landschaft. Ich bin sicher, man wird ihn in Jena nie vergessen.

Aber auch in Stuttgart bleibt er unvergessen – vor allem, dass er für das Stuttgarter Ballett ein echter Kunst- und Ballettfreund und Ansprechpartner war, in dieser Zeit der großen Umbrüche, als Marcia Haydée, die Retterin der Kompanie (nach dem Intermezzo mit Glen Tetley als Ballettdirektor) Stuttgart nach zwanzig Jahren verließ und damit eine ganze Generation von führenden, hochverdienten Solisten aus der Staatsoper verschwanden und sich nach neuen Tätigkeitsfeldern umsehen mussten. Reid Anderson war in der Lage die Stuttgarter Kompanie zu leiten. Er kam vom National Ballet of Canada dorthin zurück, wo er zu Crankos Zeiten getanzt hatte.

Marcia, die „Assoluta“ des deutschen Tanzes, ließ Späth aber nicht ziehen, ehe ihr nicht ein Ehrensold des Staates zugesprochen wurde. Richard Cragun ging an die Deutsche Oper Berlin als Ballettdirektor, was Götz Friedrich zuerst Marcia angeboten hatte ...  Birgit Keil gründete eine Stiftung für junge Tänzer und Prof. Dr. h.c. Lothar Späth wurde von 1995 bis 2015 Vorsitzender des Kuratoriums dieser einmalig erfolgreichen Institution. Er kam so oft es ihm seine wenige Freizeit erlaubte zu Premieren in die Staatsoper, denn er wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er keine Ahnung hätte. Und es interessierte ihn ja auch wirklich. Ich nehme an, es ist in Baden-Württemberg nicht anders als in Bayern, wo bei Staatsbesuchen die Ballettkompanie entweder als schöne Dekoration mitgenommen wird, oder umgekehrt, die Besucher ins Staatstheater eingeladen werden.

Als Marcia Haydée der Tanzpreis zugesprochen wurde, für ihre Verdienste als Cranko-Ballerina, Ballettdirektorin und nicht zuletzt pädagogischer Kopf der John Cranko Schule, ist der Vorstand des Ballettpädagogenverbandes, der 1989 noch für die Vergabe des Preises zuständig war, natürlich nach Stuttgart gefahren, denn Marcia wünschte sich Lothar Spät als Laudator. Er empfing uns in der Villa Reizenstein, seinem Dienstsitz, und ich habe bei einem solchen Vorgespräch selten eine so entspannte Atmosphäre erlebt – sobald man die Eingangsprüfung hinter sich gebracht hatte. Späth war ein ganz unkomplizierter Mann, den man nicht überreden musste, sondern der fragte, wie es denn ablaufen sollte und er war zufrieden. Genauso launig war dann auch seine Laudatio: voller sehr persönlicher Bemerkungen, denn Marcia und Lothar Späth waren sich durchaus auch freundschaftlich zugetan und in jedem zweiten Satz klang seine Bewunderung durch.

Lothar Späth kam noch ein zweites Mal nach Essen, um Birgit Keil eine Laudatio zu Füßen zu legen, die, wenn ich mich recht erinnere, damit begann, dass er einer solch wunderbaren Frau nichts, aber auch gar nichts abschlagen konnte, als sie sich an ihn wandte, um ihn zu überzeugen den Vorsitz des Kuratoriums für ihre Stiftung zu übernehmen. Das war 1998 und er war längst in Jena, was ihn äußerlich wohl kaum verändert hatte, aber die Leichtigkeit des Seins, die er beim ersten Mal ausstrahlte, und der Spaß sich unter seinen Künstlern zu bewegen, hatten sich wohl durch die lange Abwesenheit schon verändert. Trotzdem blieb er ein außerordentlich angenehmer Gesprächspartner. Nach der Beendigung seiner Zeit in Jena und der Rückkehr in seine schwäbische Heimat zog er sich nach und nach aus dem öffentlichen Leben zurück.

So einen Ministerpräsidenten hat Baden-Württemberg danach lange Zeit nicht gehabt und ob Herr Kretschmann sich fürs Theater interessiert, entzieht sich meiner Kenntnis ...

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