Mogelpackung NRW-Juniorballett?

Marieluise Jeitschko bloggt über allzu viel Schein und zu wenig Sein

„Stepping Future“ am Theater Dortmund überzeugt unsere Kritikerin nicht, vor allem wegen der unprofessionellen Hintergrundarbeit.

Dortmund, 30/04/2016

Dass das Ballett Dortmund gerne klotzt und protzt, ist hinlänglich bekannt und manchmal auch durchaus verständlich. Denn geradezu hysterisch feiert das lokale Publikum Xin Peng Wangs meist inhaltlich auf schlichtes Niveau eingedampfte, opulent ausgestattete neoklassische Literaturballette (u.a. Der Traum der Roten Kammer, Geschichten aus dem Wiener Wald, Zauberberg, Faust). Mit dem ersten eigenen Programm des 2014 offiziell von Xin Peng Wang gegründeten 12-köpfigen „NRW-Juniorballett“ aber hat man sich nun doch ordentlich verzockt.

Schon beim unsäglichen Titel „Stepping Future“ dreht sich einem der Magen um. Wahrscheinlich ist „Stepping into the Future“ gemeint. Sei’s drum. Die verunglückte Headline schrumpft zur Lappalie, blättert man das Programmfaltblatt auf. Da wimmelt’s von krausen Texten zu den Choreografien und Choreografen. Als Mitwirkende in den vier Kurzchoreografien sind 15 Tänzer genannt. Aber nur sieben Mitglieder des Juniorballetts sind dabei und zwei von ihnen treten zweimal auf. Zwei Stücke – ein Pas de deux und ein Pas de trois – werden ausschließlich (!) von Solisten des Ballett Dortmund getanzt. Damit wird auch klar, wieso auf dem Faltblatt kein Foto des Juniorballetts und die Biografien der „12 jungen, hochtalentierten Tänzerinnen und Tänzer“ zu finden sind oder entsprechendes Pressematerial mit Nachweisen der angeblich so zahlreichen Gastauftritte der jungen Truppe andernorts mit diesem Programm zur Verfügung stand.

Das von Wang signierte, so gar nicht seiner bescheidenen Art entsprechende, reißerische, in Detailangaben ungenaue „Editorial“ brüstet sich zum Auftakt mit der Binsenweisheit „Tanz braucht Zukunft!“ Wohl wahr! Aber Dortmunds Ballett braucht erst mal einen schreibgewandten, seriösen Dramaturgen und PR-Mitarbeiter, der den ‚Horden’ jugendlicher Zuschauer, die man für diese Premiere zusammengetrommelt hatte, um das riesige Opernhaus wenigstens halbwegs zu füllen, adäquate, klare Hinweise auf die Choreografien und Künstler gäbe. Immerhin unterstützt das NRW-Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport dieses Unterfangen.
 

Kommentare

Noch keine Beiträge