„Irish Celtic“ im Deutschen Theater München

„Irish Celtic“ im Deutschen Theater München

Wie ein Familientreffen in der Kneipe

Irische Tanz- und Musikshow „Irish Celtic“ im Deutschen Theater in München

Schlicht, unprätentios – fernab vom kommerziellen hoch perfektionierten Show-Glamour. – Da will man doch gern hin.

München, 01/05/2016

Ein Publikums-Warm-up brauchte es kaum bei der ersten Gastvorstellung von „Irish Celtic“. München hat bekanntlich eine große irische Gemeinde. Dazu gezählt die eingefleischten Fans von wirbelndem Reel, Jig, Slip Jig und Hornpipe – hier im feuerwerksähnlich über den Boden klackernden Step-Stil –, war die Show im Deutschen Theater schon nach wenigen Minuten so etwas wie ein Familientreffen in der Kneipe „Irish Celtic“.

Dafür sorgt auch Wirt Paddy, der in seinen Pub (sprich: Pob) einlädt. Der Engländer Jonathan Agar, ein Wahl-Hamburger, könnte zwar ruhig ein paar schärfere Iren-Witze wagen, aber er hat einen sympathisch direkten Ansprache-Draht zum Zuschauer. Und in seiner leutseligen Art versteht er es, mit Anekdoten und Verweisen auf die in Irland einfallenden Wikinger, Normannen und Engländer, auf die große Hungersnot zwischen 1845 und 1852 als Folge der Kartoffelfäule und auf den Auswanderungsstrom nach Amerika die verschiedenen Nummern als gerundeten Abend erscheinen zu lassen.

Die Liebe zu Musik und Tanz sei es gewesen, die Irland auch schlechte Zeiten überstehen ließ, lernt man hier. Daran ist kaum zu zweifeln bei diesen fußflinken und dabei immer unangestrengt-heiteren sechzehn Tänzern. Jeder einzelne ein Weltmeister, wie „Wirtssohn“ Diarmuid Meade im Brush-Dance. In Super-Klack-Klack-Tempo fliegen seine Füße über den Boden und auch noch über einen Besenstil. In einem von Paddy ausgerufenen Wettkampf, wie er in Irland Tradition hat, verdichten eine Handvoll Männer jeweils solo ihre rasenden Fußschläge zu kleinen Percussion-Konzerten, auch mal auf dem Pub-Tresen oder einem großen Fass. Gelegentlich fügen sich Paare zum Tanz zusammen. Aber, ganz im Sinne des Volkstanzes, fußtrommelt meist das gesamte Ensemble: typisch für die irische Step-Tradition mit gerade gehaltenem Körper und hängenden Armen. Nur den Damen in einer mehr getragenen, fast schwebenden Nummer ist ein graziler Ballerinen-Port-de bras erlaubt.

Im Grunde müsste einen dieses „armlose“, unentwegte stocksteife Auf und Ab ja langweilen. Tut es aber nicht! Es ist einfach faszinierend, was da ab dem Kniegelenk veranstaltet wird: im Hüpfen gewinkelt angehobenes Bein, locker aus dem Fußgelenk entlassene Schläge vor und hinter dem Körper, schnell in kurzem Sprung gekreuzte Unterschenkel (sicher geborgt von dem französischen „entrechat“) und knappe Stops auf der Fußspitze. Diese ganze irre komplizierte Fußarbeit, die – für Normalsterbliche auf fast magische Weise – auch nicht ins Stocken gerät, wenn sich die Tänzer in Pulks und Reihen im Raum verschieben und überschneiden (Choreografie: Jim Murray), das alles ist ein solch feines rhythmisches Klöppelwerk, das unweigerlich in eine kontrollierte Trance versetzt und süchtig macht.

Süchtig macht natürlich auch die vom Dudelsack beherrschte, von Flöte, Geige, Akkordeon und Gitarre voll und farbig getönte unverkennbar selbstbewusste irische Musik – fröhlich durch den Raum hüpfend und schwingend, zugleich im inneren Klang von einer verdeckten Melancholie. Der musikalische Leiter Anthony Davis, auch am E-Piano, führt seine Band: Kieran Brady, Danie Byrne, der Barde des Abends, Daniel McGuinness und Kristan Harvey exzellent und ganz in Harmonie mit dem Tanzensemble. Am Ende verabschieden sie sich mit einer A-cappella-Nummer. Schlicht, unprätentios – fernab vom kommerziellen hoch perfektionierten Show-Glamour. – Da will man doch gern hin.

Weitere Vorstellungen bis 1. Mai
 

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