"Ballet Revolución"

„Ballet Revolución“ in Köln

Kleiner Blog aus dem Sommerloch

Marieluise Jeitschko bloggt über „Ballet Revolución“ in Köln

Atemlos! Allein: wo bleibt die Revolution?

Köln, 15/07/2016

Wenn die Theatersaison zu Ende geht, pfeifen auch wir ‚Medienvertreter’ aus dem letzten Loch. Aber ein bisschen was geht dann doch noch. Denn die Festspiele locken landauf und landab. So hocken wir also nun auf harten Holzbänken beim Open-Air-Musical, amüsieren uns auf filigranen Klappstühlen im Renaissance-Innenhof über französische und englische Komödien, lassen uns Bodenseewind um die Nase streichen, während Puccinis fernöstlich gefärbter Verismus auf die Tränendrüsen drückt. Natürlich ‚brauchen’ wir auch noch ein bisschen Tanz. Also auf nach Köln zum 29. Kölner Sommerfestival und der Premiere der kubanischen „Ballet Revolución“ in der Philharmonie.

Was für ein Gedrängel und aufgeregt erwartungsvolles Plaudern, Herzen, Winken, Hasten vor Beginn. Und dann: welche Power, Dynamik, fetzige Rasanz aus Licht, Bewegung und ohrenbetäubender Phonstärke. Zu ständig kreiselnden bunten Lichtmustern, Spots, Lichtduschen, Flimmern und Flackern gerierte sich ein oftmals schwer auszumachendes Energiebündel aus 18 Köpfen und 72 Gliedmaßen in abwechslungsreich gestylter Kostümierung von Stardesigner Jorge Gonzalez - gebürtiger Kubaner und Wahldeutscher - in einem 25-teiligen Potpourri aus Streetdance und Klassik, Jazzdance und Zirkusakrobatik. Auf der Hinterbühne wummerte, trommelte, trompetete, klimperte, orgelte, fidelte, plimplimte es in Tango- und Mambo-Rhythmen und rockte, dass es seine Art hatte.

Atemlos! Allein: wo bleibt die Revolution?

In der Pause strahlte ein kleines Mädchen erleichtert: „Und ich dachte, ich müsste ins Ballett!“ Mein Mann dagegen hatte sich „so was wie Schläpfer vielleicht...“ erhofft (angesichts früherer Tournée-Stops der Ailey-Company, des Béjart Ballet Lausanne und Rambert). Nun aber hatte ich ihn hinterrücks - mal wieder - in eine fetzige, knallbunte, lärmende Pop-Show gelotst - diesmal allerdings choreografisch weit entfernt von Stomp & Co, den „Trocs“ oder gar Matthew Bournes „Schwanensee“.

Dennoch: die Leute klatschten rhythmisch mit, johlten, pfiffen und applaudierten. Für den Veranstalter geht also die Rechnung wohl wieder auf. Denn hier zählt an erster Stelle die Kunst des Kommerz.
 

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