„Pink for Girls and Blue for Boys“ von Tabea Martin

„Pink for Girls and Blue for Boys“ von Tabea Martin

Er? Sie? Es!

Tabea Martin mit „Pink for Girls and Blue for Boys“ beim Sommerfestival auf Kampnagel

Eine fantasievolle Orgie des Verkleidens, die jegliche Zuweisung in Geschlechterrollen sprengt.

Hamburg, 14/08/2016

Es geht schon sehr komisch los: Ein Mann in fleischfarbener Unterhose und schwarzem Turban, eine Mikrowelle im Arm, betritt den weißen Tanzteppich, deponiert sein Mitbringsel schließlich im Hintergrund. Es folgt eine Frau, ebenfalls in fleischfarbenem Slip und BH, eine Palme im Arm. Eine weitere Frau im gleichen Aufzug bringt eine Plastikschüssel mit Wasser. Ein anderer Mann einen Wasserkocher. Es folgen Sitzsäcke und andere Utensilien, die ein Wohnzimmer symbolisieren. Eine Bühnennebelmaschine wird angeworfen und hüllt die gesamte Szenerie einschließlich des Publikums in wabernde Schwaden.

Brasilianische Musik setzt ein. Schemenhaft sieht man eine der Frauen tanzen – und erkennt: der Turban war ein schwarzes Ganzkörpertrikot, das nach und nach jetzt alle überstreifen. Als sich der Nebel lichtet, schreien die beiden Frauen schönste Geschlechterklischees ins Publikum: Mädchen sind schwach, Mädchen weinen, Mädchen sind dumm, Mädchen können nicht Fußball spielen (was den mit seiner Familie im Publikum sitzenden HSV-Chef Dietrich Beyersdorfer besonders amüsiert), Mädchen müssen vom Papa getröstet werden.

Natürlich bilden die beiden Männer dazu den Kontrapunkt, wobei der eine, erkennbar androgyn, nicht so recht zum Image des harten Mannes passt – gewollt. Auch Männer weinen und greinen und müssen dann von Mami getröstet werden. So entwickelt sich ein Spiel mit Vorurteilen und Klischees über die Geschlechterrollen, mal getanzt, mal gesprochen, mit ansteigender Dynamik. Das Ganze gipfelt in einer fantasievollen Orgie des Verkleidens, die jegliche Zuweisung in Geschlechterrollen sprengt: Männer haben Brüste oder auch nicht, Frauen haben Pimmel (eine ins Trikot gestopfte PET-Flasche) oder auch nicht, Männer tragen ‚Stöckelschuhe’ (aus Schwämmen und Plastikbändern!), Frauen Bizeps... Und alles endet in einem absoluten Chaos, in dem es keine Geschlechterunterschiede mehr gibt.

Tabea Martin sprengt hier auf höchst amüsante Weise den genderspezifischen Rahmen und bringt Erwachsene ebenso wie Kinder zum Lachen (das Stück wurde extra auf 18 Uhr terminiert, damit Kinder mitgebracht werden können). Wenn die allerdings zu Hause nachmachen, was auf der Bühne so alles vorgemacht wurde (Haare in Farbe tauchen und Papier damit beschmieren, Puder darüber streuen – alles klebt, sich mit allen möglichen Utensilien behängen und bestreichen ...), dann viel Spaß! Pink for boys, and blue for girls – das müsste aber auf jeden Fall machbar sein.
 

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