„Monument 0.1: Valda & Gus“ von Eszter Salamon mit Christophe Wavelet

„Monument 0.1: Valda & Gus“ von Eszter Salamon mit Christophe Wavelet

Zärtliches Erinnern

„Monument 0.1: Valda & Gus“ beim Kampnagel-Sommerfestival

Es ist eine ebenso zärtliche wie respektvolle Reminiszenz an zwei Legenden des modernen Tanzes, die Eszter Salamon zusammen mit Christophe Wavelet geschaffen hat. Den beiden ist ein wunderbar leises, intimes Kammerstück gelungen.

Hamburg, 30/08/2016

Es ist eine ebenso zärtliche wie respektvolle Reminiszenz an zwei Legenden des modernen Tanzes, die Eszter Salamon zusammen mit Christophe Wavelet geschaffen hat: „Monument 0.1: Valda & Gus“. Den beiden ist ein wunderbar leises, intimes Kammerstück gelungen. Schon 2014 hatte Eszter Salamon Teil 1 ihrer „Monument“-Reihe auf Kampnagel gezeigt, „Monument 0 – Haunted by Wars (1913-2013)“. Die Kreation für „Valda & Gus“ bildet jetzt Teil 2. Es ist, bedingt durch die beiden betagten Protagonisten, weniger ein Tanz- als ein Erzählstück, das – sehr tänzerisch komponiert – durch die beiden Darsteller einen sehr eigenen Zauber entfaltet.

Valda Setterfield, inzwischen 81 Jahre alt, arbeitete während ihrer langen Karriere als Tänzerin und Schauspielerin mit vielen namhaften Choreografen und Regisseuren der Moderne zusammen, darunter Merce Cunningham, Richard Foreman, Robert Wilson, Woody Allen. Mit Gus Solomons tanzte sie erstmals 1994 in dessen „A Thin Frost“.

Der sechs Jahre jüngere Gus Solomons jr. studierte ursprünglich Architektur am Massachussetts Institute of Technology (MIT), trainierte aber parallel dazu modernen Tanz und wechselte nach seinem Bachelor-Examen am MIT nach New York, um sich gänzlich dem Tanz zu verschreiben. Er tanzte in der Kompanie von Martha Graham und war der erste farbige Tänzer bei Merce Cunningham. 1972 gründete er die „Gus Solomons Company/Dance“ und 1996 das Trio „Paradigm“, das bis heute tourt, vor allem innerhalb der USA.

Das Stück beginnt in völliger Stille und Dunkelheit, sogar die „Notausgang“-Schilder in K1 wurden abgedeckt. Erst nach einigen Minuten schält sich ein fahl beleuchteter, auf dem Boden liegender Hinterkopf aus dem Dunkel, um kurz danach von der Düsternis verschluckt zu werden (großartig das Lichtdesign von Sylvie Garot). Nach weiterer Dunkelheit und Stille zeigt er sich noch einmal, diesmal en face und in beide Hände gestützt, und verschwindet wiederum nach wenigen Sekunden. Der nächste Spot zeigt einen ausgestreckten Arm, dessen Hand auf ein Blatt Papier zeigt.

Aus dem Dunkel fragt Valdas Stimme: „Gus, where are you?“. Suchend tastet sie sich durch die weiterhin stark abgedunkelte Bühne, bis sie ihn findet. Man ahnt sie mehr, als dass man sie sieht. Schließlich sitzen sie auf zwei, den Zuschauern zugewandten Stühlen und erzählen abwechselnd Anekdoten aus ihrem Tänzerleben.

Valda erinnert an „Giselle“, an die legendäre Tamara Karsavina von den Ballets Russes, Schwester Vaslaw Nijinskys, bei der sie Unterricht hatte, an ihre Bühnenpartnerschaft mit Mikhail Baryshnikov, und natürlich an ihren Ehemann, den Choreografen David Gordon. Es sind Blitzlichter aus einem reichen Leben, die sie mit einer wunderbar altersbrüchigen, aber dennoch kraftvollen Stimme erzählt – humorig, tiefgründig, weise.

Das gilt auch für Gus Solomons, der Übungen beschreibt, die er nach einem schweren Unfall viereinhalb Jahre lang machen musste, um die Arme wieder bewegen zu können, und man ahnt dabei, was für ein großartiger Tänzer dieser langgliedrige, immer noch sehr attraktive Gus gewesen sein muss; er erinnert sich an einen Auftritt mit Merce Cunningham in Chicago 1965 („how to pass, kick, fall and run“) und daran, dass Schwarze und Weiße damals nicht zusammen tanzen durften und dass Homosexualität noch strafbar war. Eine der schönsten Szenen des Abends ist, als Gus die Zusammenarbeit mit Martha Graham, John Cage und Merce Cunningham anhand von Handpuppen darstellt.

Und so entwickeln die beiden, von Adeline André in schlichte blauschwarze, später auch weiße Anzüge gehüllt, in wechselnden Spots ein Kaleidoskop der Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts, um schließlich am Ende zusammen Arm in Arm mit einem Stepschritt ins Bühnendunkel zu verschwinden. Großer Beifall für zwei große Tänzer, die nichts von ihrer Eleganz und Würde verloren haben.
 

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