„Don Juan/Mozart à Deux“ von Thierry Malandains. Tanz: Ensemble.

„Don Juan/Mozart à Deux“ von Thierry Malandains. Tanz: Ensemble.

Liebe - eine einsame Angelegenheit

Thierry Malandains „Don Juan/Mozart à Deux“ tanzt den discours amoureux

Dass „der Diskurs der Liebe heute von extremer Einsamkeit ist“, konstatierte der französische Philosoph Roland Barthes schon 1977. Am Freitag nun hatte in der Oper Leipzig eine Choreografie von seinem Landsmann Malandain Premiere.

Leipzig, 10/04/2017

Von Steffen Georgi

Dass „der Diskurs der Liebe heute von extremer Einsamkeit ist“ konstatierte der französische Philosoph und Autor Roland Barthes schon 1977 in seinen wunderbaren „Fragments d´un discours amoureux“, den „Fragmenten einer Sprache der Liebe“. Am Freitag nun hatte in der Oper mit „Don Juan/Mozart à Deux“ eine Choreografie von Barthes' Landsmann Thierry Malandain Premiere. Ein zweiteiliger Ballettabend, den man seinerseits gut und gerne auch als „Fragmente einer Körper-Sprache der Liebe“ apostrophieren könnte.

Fragmente, die unter Malandains Ägide freilich erst einmal in ein harmonisches Ganzes, in eine große, ruhig ausschwingende choreografische Geste gebettet sind. Eine, die darin durchaus auch dem neoklassischen Klischee entspricht. Also einer Schublade, in die man Malandain zwar nicht zu Unrecht, aber eben auch oft zu voreilig und rigoros einsortiert. Wie dann „Don Juan/Mozart à Deux“ bestens zeigt.

Eine Inszenierung, die von Anfang an etwas Schwebendes hat. Was natürlich schon die Musik evoziert: Sechs Mal erklingt da das Andante aus sechs verschiedenen Klavierkonzerten Mozarts. Und das zu sechs Pas de deux, die den ersten Teil des Abends bestimmen und in ihrer dramaturgisch schon lakonischen Abfolge wie ein bitterkomisch wirkendes Kommen und Gehen aufscheinen. Ganz so, wie die Liebe eben kommt und geht.

Passend, sowohl zur stillen Intensität der Musik (Gewandhausorchester unter Leitung Anthony Bramalls) wie auch zu Malandains Choreografie. Jedes Duett ist da gleichsam ein Fragment des großen Reigens um Liebe, Begehren, Erfüllung, Tod. Mal zeigt sich das als pittoreskes Sehnsüchteln, mal als berührendes Verzehren in Vergeblichkeit. Mal mit Körpern, die harmonisch ineinander fließen, mal mit welchen, die wie verwachsen sind auf Gedeih und Verderb, von der Liebe zu Schimären gemacht.

Malandains „Mozart à Deux“, einst Bestandteil einer Inszenierung mit dem hübschen Titel „Bal Solitude“ („Ball Einsamkeit“) offenbart dabei auch in der überarbeiteten und um einem neuen Part erweiterten Leipziger Fassung, welch einsame Angelegenheit gerade die Liebe oft sein kann. Bestenfalls ist man hier gemeinsam einsam - einsamer aber als Don Juan dürfte man selbst dann kaum sein.

Dass nun Christoph Willibald Glucks pantomimisches Ballett den zweiten Teil des Abends bestreitet, macht auch deshalb Sinn. Und weil nach dem nüchtern-leeren Bühnentableau, das sich bei „Mozart à Deus“ ganz zu recht auf die Lichtdramaturgie Jean-Claude Asquiés verließ, jetzt die Sinne offensiver gekitzelt werden. Mit Kostümen und Setting in kräftigem Rot-Schwarz-Weiß (Bühne/Kostüme: Jorge Gallado) und mit einem Geschehen effektvoll dramatischer Gruppendynamik. Mittendrin Don Juan, in der Hölle seines leerlaufenden Begehrens rotierend. Verdammt zu Veitstänzen in den zwischen verführerisch und grotesk changierenden Schönheitsposen einer Lust, die Ewigkeit will und sie deshalb nur im Tod finden kann.

Auch hier zeigt sich „Don Juan/Mozart à Deux“ als Inszenierung, die, souverän, unprätentiös und elegant, eher mit neoklassischen Elementen spielt, als sich ihnen zu unterwerfen. Und die es gerade auch darin den Tänzerinnen und Tänzern des Leipziger Balletts optimal ermöglicht, mit technischer Akribie und emotionaler Intensität das Publikum zu begeistern.

 

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