Zum Tod von Christine Brunel

Pick bloggt über die am 27. April verstorbene Essener Choreografin, Tänzerin und Pädagogin Christine Brunel

Ein persönlicher Rückblick auf das Leben einer Künstlerin, die ihre eigenen Wege gegangen ist.

Essen, 09/05/2017

Wenn es tanznetz.de nicht gäbe, hätte ich nicht mitbekommen, dass Christine Brunel ihrer Krankheit nun doch erlegen ist. Sie war eine außergewöhnliche Tänzerin und Choreografin, die wie die meisten, die aus dem Deutschen Tanz stammen, selbst die beste Interpretin ihrer eigenen Fantasie war. Sie war Schülerin von Karin Waehner, die leider auch schon fast vergessen ist und als Wigman-Adeptin ein Leben lang in Paris ihre Spuren hinterließ.

Christine kam dann an die Folkwang-Hochschule, wie auch Susanne Linke (eine direkte Wigman-Schülerin), um eine gute Allround-Ausbildung zu erhalten, was damals noch wichtiger war als heute. Denn zeitgenössische Techniken waren, außer in New York, nicht gefragt. Das hieß eben auch, dass es keine einigermaßen gut bezahlten Jobs in diesem Bereich gab. Erst durch die Gründung des Tanzforum Köln durch Helmut Baumann, Gray Veredon und Jochen Ulrich, und dann durch das Pina Bausch Ensemble, konnte sich in Europa ein professionelles zeitgenössisches Ensemble etablieren. Sonst wurde ja überall auf Spitze getanzt. Und auch Kurt Jooss‘ große Zeit setzte erst nach 1968 ein, als das Nationalballett Amsterdam sich seiner erinnerte, Heinz Rosen Ballettdirektor an der Bayerischen Staatsoper war und eben Jochen Ulrich in Köln das Tanzforum leitete.

Christine war genau zu dieser Zeit, nämlich 1974, fertig mit ihrer Ausbildung und wusste nicht, wohin. Also kam sie zu mir ans Theater Ulm, wo ich zu dem Zeitpunkt Ballettdirektor war. Da wir in der Spielzeit „Carmina Burana“ machten, wo natürlich nicht auf Spitze getanzt wurde, konnte ich diese interessante junge Tänzerin gut brauchen. Sie blieb auch noch die nächste Spielzeit, aber ihr wurde schnell klar, dass sie im Theaterbetrieb nicht glücklich war. Also packte sie ihre sieben Sachen und ging zurück nach Essen, wo sie gute Verbindungen hatte. Nach Pina Bausch hatte Susanne Linke die Leitung des Folkwang Tanzstudios übernommen und Christine hat dann einige Jahre dort getanzt, in Wuppertal bei Pina gastiert und angefangen, selbst zu choreografieren.

Später, als ich beim Fond Darstellende Künste beteiligt war, konnten wir der Freien Szene zuerst nur sehr wenig Geld für ihre Anträge genehmigen. Trotzdem haben sich alle Beteiligten gefreut, ihre Projekte auf diese Weise überhaupt ermöglichen zu können. Später wurden die Summen etwas größer, sodass wir tatsächlich behilflich sein zu konnten. Allerdings muss dazugesagt werden, dass man auch davon keine großen Sprünge machen konnte. Christine hat dann, wie so viele andere, zu unterrichten begonnen. Auch auf diesem Gebiet war sie sehr erfolgreich – und es war mit einem Einkommen zu rechnen, von dem man leben kann. Später hat sie dann auch Lehraufträge an Hochschulen gehabt. Und besonders dort war das Feedback über ihre Methode, sich mit Tanz auseinanderzusetzen und auch die Persönlichkeit der Menschen zu entwickeln, besonders stark.

Sie war tatsächlich ein ganz besonderer Mensch. Und nachdem sie nach einer schweren Krise durch die Krankheit eigentlich gut genesen war, war eigentlich nicht damit zu rechnen, dass sie so früh von uns gehen würde. Viele Menschen werden sie vermissen.

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