„Bullshit“ von Nadav Zelner für Gauthier Dance. Tanz: Ensemble
„Bullshit“ von Nadav Zelner für Gauthier Dance. Tanz: Ensemble

„Think pink“ im rosaroten Zauberwald

„Bullshit“ von Nadav Zelner für Gauthier Dance wird bei der Premiere im Stuttgarter Theaterhaus gefeiert

Es war ein Wagnis. Aber wie wäre es ohne Neugier, ohne Mut zum Risiko um die Kunst bestellt? Daran mangelt es natürlich Eric Gauthier ganz und gar nicht und den wunderbaren Tänzerinnen und Tänzern seiner Kompanie auch nicht.

Stuttgart, 21/02/2018

Es war ein Wagnis. Aber wie wäre es um die Kunst bestellt ohne Neugier, ohne Mut zum Risiko? Daran mangelt es natürlich Eric Gauthier ganz und gar nicht und den wunderbaren Tänzerinnen und Tänzern seiner Kompanie auch nicht. So kam es, dass Nadav Zelner, Tänzer und Choreograf aus Israel, eingeladen wurde, für Gauthier Dance erstmals ein größeres Stück zu kreieren, nachdem er bislang hier mit zwei so kurzen wie umwerfenden Stücken, die man einfach nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt, wenn man sie gesehen hat, bekannt war. Herausgekommen ist „Bullshit“. Aber von wegen: Blödsinn, Quatsch oder gar Schwachsinn ist das ganz und gar nicht, was da jetzt in Stuttgart über die Bühne des Theaterhauses geht. Da geht die Post ab.

Nadav Zelner gelingt es nämlich gemeinsam mit der Bühnendesignerin Netta Dror, dem Lichtdesigner Avi Yona Bueno und dem Kostümdesigner Maor Zabar für eine Stunde den ganzen „Bullshit“ unserer täglichen Erfahrungen und Zwänge verpasster Lebenschancen vergessen zu machen. Ja, am Abend im Theater, da ist es erlaubt, die berühmte rosarote Brille aufzusetzen und sich in der schönsten Freiheit bewegter und bewegender Fantasien genau solchen Visionen hinzugeben, die uns schon wieder am nächsten Morgen der anbrechende Tagesstress verbieten wird. Aber wenn auch nur ein Schimmer dieser rosaroten Stunde immer wieder durch das Grau des Alltags scheint, dann ist der ganze „Bullshit“ nicht verschwunden, aber seine Macht hat erste Risse bekommen.

Dazu bedarf es des Rituals. Und so führt uns Nadav Zelners Tanz vor allem kraft der Musik, und hier sind es in erster Linie die hochemotionalen Traditionals, gesungen vom Soweto Gospel Choir, nach Afrika. Es ist natürlich ein Afrika der Fantasie im rosaroten Zauberwald, wo die 16 Tänzerinnen und Tänzer sich spielerisch zueinander fügen, sich finden, sich verlassen und schon wieder in neuer Konstellation der Gruppe präsent sind. Natürlich mag man es als visionäres Spiel der Vorstellung ansehen, wenn alle Frauen und Männer gleich gekleidet sind, was sich schon auf den zweiten Blick als Täuschung herausstellt, denn auch im Einheitsrosa lassen sich leicht unterschiedliche, den Persönlichkeiten geschuldete Varianten entdecken. Nur an einer Stelle, da sind dann wirklich alle gleich, da wo im Schritt biologische Merkmale der Geschlechter sind, da tragen alle einen Schutzhügel aus Plaste, in Rosa, versteht sich. „#me Too“ lässt grüßen.

Aber tänzerisch, vor allem immer wieder in den solistischen Passagen, mitunter sehr versonnen, auch ohne akustische Begleitung, da haben die Persönlichkeiten der Tänzerinnen und Tänzer weiten Raum. Und wenn es typisch wird, für Nadav Zelner, in Duos, mit ganz flinken, synchron geführten Armen, mit einem lustigen Knick in der Hüfte, dann kommt Humor ins Spiel und immer wieder getanzte Varianten verschiedener Visionen von der Leichtigkeit des Seins.

Nicht immer fügen sich die Übergänge in die zu wünschende, noch stärkere Dynamik des Gesamtverlaufes dieser rosaroten Stunde, in der Nadav Zelner die Stuttgarter Gauthier Dance Company zum Stamm seiner sehr persönlichen Afrikafantasien mit Pop in Pink werden lässt und die dennoch wie im Flug vergeht.

 

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