„Now and Then“ von Christina Ciupke und Jasna L. Vinovrski
„Now and Then“ von Christina Ciupke und Jasna L. Vinovrski

Szene mit Papier

„Now and Then“ von Christina Ciupke und Jasna L. Vinovrski in der Tanzfabrik Berlin

Ein ungemein konzentriertes Stück Bewegung, dem man noch viele Vorstellungen wünscht.

Berlin, 25/02/2018

840 weiße Blätter im Din A4-Format. Soviel sind es am Ende, von Christina Ciupke und Jasna L. Vinovrsky als Rechteck ausgelegt. Das dauert natürlich seine Zeit, obwohl die beiden Performerinnen mit ihrer Arbeit schon vor Beginn der Vorstellung begonnen haben. Minutenlang schaut man zu, wie die beiden nach und nach den Boden mit Papier bedecken. Mehr Aktion ist nicht. Keine Musik. Nur die Blätter lassen sich bisweilen hören – und nach gut zehn Minuten zwei Frauenstimmen, die offenbar auf Englisch ein historisches Foto beschreiben, auf dem ein paar nackte, aber auch einige bekleidete Menschen zu sehen sind.

Die Szene mit dem Papier entstammt offenbar einer früheren Arbeit der kroatischen Tänzerin, wie auch die projizierte Uhr wenig später, die in den „Zeiträndern” von Christina Ciupke bereits eine Rolle spielte: beides Querverweise auf das Einst und Jetzt, das die beiden in „Now and Then“ auf bildhafte, wenn auch manchmal etwas asketische Weise thematisieren. Denn es bleibt bei dem Beitrag für das „Open Spaces # 1“-Festival der Tanzfabrik Berlin nicht bei einem performativen „Boden-Belag“.

Vielmehr spielen Christina Ciupke und Jasna L. Vinovrski eine Zeitlang mit wechselnden Lichtstimmungen und einer flexiblen Projektionsfläche, bevor sie sich selber verwandeln: Statt schwarzen Hosenanzügen tragen beide in der zweiten Hälfte des Stückes weiße Fechtkleidung und greifen, solchermaßen ausgerüstet, zu meterlangen Papierrohren, die bis dahin unbeachtet auf den Seiten des White Cube liegen.

„Schwarz weiß zeigen“ könnte das Stück ab dieser Stelle auch heißen, ein Titel, den Gerhard Bohner 1983 seinen „Übungen für einen Choreografen“ gegeben hat. So wie er damals auf die Bauhaus-Bühne verwies, die immer mehr in den Fokus seiner Arbeit rückte und in der Rekonstruktion des „Triadischen Balletts“ gipfelte, könnte auch Christina Ciupke ihre langjährige Beschäftigung mit den Bildenden Künsten ins Feld führen. Tatsächlich wirkt die Choreografie hier wie die Fortsetzung der Ideen Oskar Schlemmers mit anderen Mitteln, wenn die beiden Performerinnen mit ihren verlängerten Papparmen immer wieder roboterhaft ein Blatt Papier nach dem anderen tauschen.

Das sieht nicht nur spannend aus. Das hat am Ende auch etwas Erhellendes, auch wenn sich die Szene nach und nach eindunkelt. Der Rest ist Stille. Und die Erinnerung an ein ungemein konzentriertes Stück Bewegung, dem man noch viele Vorstellungen wünscht.

 

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