Deutscher Tanzpreis an Hans Werner Henze

Essen, 15/09/2001

Am vergangenen Samstag ist der fünfundsiebzigjährige Hans Werner Henze im Essener Aalto-Theater mit dem Deutschen Tanzpreis 2001 des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik ausgezeichnet worden. Dieser Preis gilt als der mit Abstand wichtigste der Branche. Henze ist nicht nur einer der bedeutendsten Komponisten unserer Zeit, sondern er hat sich auch kaum hoch genug einzuschätzende Verdienste um die Tanzkunst erworben. Neben zahlreichen kürzen Werken für das Ballett hat er die Musik für zwei abendfüllende Produktionen geschaffen: „Undine“, das im Jahre 1958 vom Londoner Royal Ballet in der Choreografie von Frederick Ashton mit Margot Fonteyn in der Titelpartie uraufgeführt wurde und noch immer im Repertoire der Truppe ist, sowie „Orpheus“, dessen Uraufführung im Jahre 1979 der damals noch unbekannte William Forsythe für das Stuttgarter Ballett choreografierte.

Laudator Richard von Weizsäcker würdigte den Preisträger in seiner betont herzlichen Ansprache als den „großen Bühnenkomponisten schlechthin“, der wie kaum einer sein Publikum dazu befähige, seine Musik zu verstehen und durch sie ein anderes Leben zu erfahren. Henzes „Orpheus“ wurde später auch von Ruth Berghaus für Wien und im Jahre 1988 von Heinz Spoerli für das Basler Ballett choreografiert. In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, unter ihnen die Stuttgarter Uraufführungs-Eurydike Birgit Keil und der damalige Apollo Reid Anderson, erlebte Spoerlis leicht revidierte Fassung nach dem Festakt ihre Essener Erstaufführung durch die Compagnie des Aalto-Theaters. Für die führenden Partien waren die Stars Raimondo Rebeck (Orpheus), Margaret Illmann (Eurydike) und Gregor Seyffert (Apollo) als Gäste verpflichtet worden.

Obwohl sich Spoerli, bewusst oder unbewusst, choreografisch und inszenatorisch verblüffend stark an Forsythes faszinierend rauer, provozierender und menschlicher Version orientierte, die künftig wohl als das „Original“ gelten darf, ist ihm nur eine gefällige, oft gar revuehafte und über weite Strecken pomadige Arbeit gelungen, die Henzes aufregender Musik in keinem Augenblick gerecht wird. Ob das der Grund dafür war, dass sich der Komponist weigerte, sich auf der Bühne zu verbeugen? Es ist ein Jammer, dass William Forsythe seinen „Orpheus“ der nicht zu wiederholenden Vergangenheit zuordnet und sich unter keinen Umständen dazu bereit findet, ihn wieder auf die Bühne zu bringen. So bleibt eines der ungewöhnlichsten Theaterereignisse wohl für immer verloren.

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