Gastspiel Nederlands Dans Theater 2

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Ludwigsburg, 07/04/2001

Die Ludwigsburger wissen inzwischen, was sie am NDT haben, das ja ziemlich regelmäßig im vorzüglich zusammengestellten Tanzforum-Abonnement bei ihnen zu Gast ist, gleich ob nun 1, 2 oder 3. Volles Haus und große Begeisterung also auch diesmal wieder bei Nummer zwei: The Young and Dynamic Company. Auf dem kontrastreichen Programm zweimal Hans van Manen und je einmal Jirí Kylián und John Inger.

Von van Manen das „Solo“ (zu dritt), das die Stuttgarter allerdings, wenn sie gut in Form sind, noch stafettenartig rasanter tanzen als die drei Boys vom NDT 2 (van Manens „Shortcuts“ sozusagen) – und „Déja vu“, ein hinschmelzend schönes Duo, hautnah der Musik von Arvo Pärt angeschmiegt, mit Rani Luther und Gustavo Ramirez Sansano perfekt besetzt und zu einem Klassiker des modernen Repertoires geadelt: eine von van Manens berühmten Kurzgeschichten ohne Worte. Kyliáns Mozart-Tänze so frech, witzig und erotisierend wie bei ihrer Premiere vor fünfzehn Jahren.

Die Überraschung: John Inger, schon lange als Tänzer der Kompanie zugehörig und inzwischen schon mit ein paar Choreografien (auch beim Cullberg Ballett) vertreten, „Dream Play“ heißt sein Ballett für vier Männer und zwei Frauen (die erst später dazustoßen) – überraschend nicht zuletzt in seiner Musikwahl, denn es wird getanzt zum ersten Teil von Strawinskys „Sacre du printemps“ – weit entfernt von der noch auf dem Programm erfolgten Zuschreibung als „Bilder eines ländlichen Russland“.

Ganz anders auch als Spoerlis kürzlich in Zürich uraufgeführte Version. Aus dem Dunkel (Bühnenbild und Kostüme: Mylla Ek, Beleuchtung: Erik Berglund – beide wichtig für die Atmosphäre einer elementaren, wuchtigen Bedrohung) schälen sich Szenen, umrahmt von der Zufallsbegegnung eines Mannes und einer Frau, schwer und bleiern, erdhaft und urtümlich, eng der Musik verbunden, ohne sich ihr sklavisch auszuliefern und ihre rhythmische Komplexität nachzubuchstabieren (und sich dabei zu verhaspeln) – im Gegenteil: Inger choreografiert in langen Phrasen, mehr auf die Substanz der Musik bedacht als darauf, ihren Notentext zu übersetzen. Eine respektheischende Talentprobe – anders als alle anderen „Sacres“ der jüngeren Vergangenheit, was uns doppelt erwartungsvoll der bevorstehenden nächsten Version von Angelin Preljocaj an der Berliner Lindenoper entgegensehen lässt. Die sechs Tänzer des NDT hier als urzeitliche Energiebündel, die geradezu in den Raum explodieren.

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