Little Performance Residency im neuen ada-studio Berlin

Studio-Besuch angeraten

Berlin, 25/09/2007

Seit 2004 gibt es die Little Performance Residency als Künstler-Programm, viermal initiiert von Jessy Tuddenham, Christa Cocciole und Gabi Beier und zunächst beheimatet in den K77 Studios. Das 5. Residence-Projekt war am vergangenen Wochenende im ada Studio Berlin zu besichtigen. Diese kleine Bühne in der Schönhauser Allee 73f (im 2. Hinterhaus 1. Stock zwischen mime-zentrum und einer Mode-Schule) wird seit einem Jahr von Jenny Haack und Gabi Beier als Bühne für zeitgenössischen Tanz und Improvisation mit Engagement für interaktive Grenzüberschreitungen zum Körper- Sprech- und Musiktheater geleitet.

Zum Thema „Space – too much, too little“ – eine Anspielung auf die geringe Größe der ada-Studiobühne – hatten sich 17 Einzelkünstler bzw. Künstlergruppen um die ausgeschriebenen zwei Residenzen beworben. Eine kleine Jury hat sich schließlich für Nina Wehnert mit „Im Schweiße meines Angesichts“ und Barbara Klinker/Sarah Braun mit „Lounge Paroli“ entschieden. Die fünfzig Premierengäste folgten interessiert, irritiert und erheitert Nina Wehnerts Solo, das in vier Bildern um weibliche Sexualität und Flüssigkeit kreist. Aus einer aufgehangenen Blechkanne tropft permanent Wasser auf den Boden, während die Performerin mit langem Blondhaar Haltungen zwischen Vamp und Nixe ausstellt; der Frauenkörper reduziert auf ein Gefäß, dass vor den Augen des irritierten Publikums in einen Blecheimer uriniert bzw. den nackten Vamp als kriechende Bestie zum morgendlichen Kaffeepot auf dem Herd mimt.

Nina Wehnert gibt keine Antwort auf die selbstgestellte Frage: Was passiert, wenn der Performer auf der Bühne nackt ist? Wenn sie am Schluss mit zuckendem Leib auf dem Rücken liegt, fällt die Perücke ab. Nina Wehnert, die Frau hinter der Maskerade, erhebt sich. Sie geht mit schlaksigen Bewegungen, die ihrem Körper etwas völlig Unkontrolliertes geben, mit gespieltem Selbstbewusstsein auf das Publikum zu. Wenn sie sich zusammenkauert, beleuchtet ein winziges Lichtquadrat wandernd Teile ihres Körpers, bis sie aus der Segmentierung ins Black aussteigt.

Sarah Braun & Barbara Klinker spielen mit ihrem körperlichen Größenunterschied und untersuchen das Verhältnis ihrer agierenden Körper zu starren Bildern einer Diaprojektion. Die Dominanz der Werbung: Ein strahlendes Männerkonterfei lächelt über die halbe Zimmerbreite, dann schieben sich in diese statische Werbevisage plötzlich spinnenartige Hände als schwarze Schattenspiele über seine Augen und sein Kinn, ein anderer Schatten kopiert die lasziven Bewegungen des im Stadtbild präsenten i-pod girls, um wenig später mit unendlich vielen Verkabelungen in einem Gartenfoto unterzugehen. Aus ihrer schattenhaften Präsenz ergeben sich mitunter wirklichkeitsrelevante Bild-Spannungen für die Fremdheit des Menschen in einem städtischen Umfeld international standardisierter Werbezombies. Nicht durchgängig überzeugend, da manchmal beliebig und zu lang, aber doch fühlbar, bieten die lebendigen Körper des Frauenduos den Plakaten des schönen Scheins Paroli.

Ada-Studio bot mit dieser Residenz erneut einen Raum für Ideen und Bewegung, der im Oktober mit der Tanztheaterzeremonie „Unter den Brücken zum Tee“ von Julia Nésterova und dem NAH DRAN - Projekt mit Stücken von und mit K. Bruch, V. Zinck, B. o´Rorke und T. Mayer weitere kreative Inspirationen im Pro und Kontra vermitteln möchte.

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