Marlon Dino als Solor

So richtig verstehen kann man es nicht, dass Patrice Barts 1998 fürs Staatsballett choreografierte „La Bayadère“ (nach Petipa) nun für eine Zeit ruhen soll. Denn die Saison 2008/09 steht im Zeichen von Diaghilews Ballets Russes. Da würde diese orientalische Love-Story doch wunderbar passen. Wenn nicht Tomio Mohris Pracht-Ausstattung an Diaghilews Maler-Künstler Bakst und Benois erinnert, was dann? Im Münchner Nationaltheater, mit Valery Ovsianikov am Pult, hatte jetzt Marlon Dino sein Debüt als Solor, der für die Radscha-Tochter Gamzatti seiner Tempeltänzerin Nikija untreu wird.

Mohris japanischer Farben- und Textilienrausch: 1998 ein Schock. Danach erkannt als unabdingbar stimmiger Exotik-Rahmen für dieses, gemäß Historie, zum Teil pantomimische Eifersuchtsdrama. Sehr gute Charakter-Mimen sind Vincent Loermans als Radscha und Peter Jolesch als Großer Brahmane. Die beiden tragen - das muss man können! - ihre massigen Gewänder und Kopfschmuckgetöse mit selbstverständlicher Repräsentations-Allüre. Im Zentrum der üppigen Divertissements mit grazil wiegend-tänzelnden Bajaderen, wilden Hindu-Tänzern und 24 weißen Sylphen (wenig Präzision diesmal und keine innere Schattenakt-Gestimmtheit): die leidenschaftliche Dreier-Beziehung. Roberta Fernandes tanzt die bis zum Giftmord an der Rivalin entschlossene Gamzatti mit sinnlich-verführerischer Eleganz, Lucia Lacarra mit ihrer absolut durchgeistigten Gestaltungskraft eine ätherische Nikija. Auch Marlon Dino kann gestalten, wie er als Onegin bewiesen hat. Als Solor jedoch, der eine gewisse „Prinzen“-Stilisierung, vielleicht auch ein altmodisches Pathos erfordert, scheint er sich nicht ganz wohl zu fühlen. Auch nicht in den großen Sprungvariationen. Dino hebt wohl ab in den grands jetés. Aber es fehlt der Aplomb, eine lustvolle Strahlkraft. Auch Sprünge können ja ein Charisma haben. Man bleibt gespannt auf seine Weiterentwicklung.

Nochmals nur noch am 21. 06. und 08. 07., in gleicher Besetzung.