Ein Haufen von Glück

Philip Taylor mit „Blind date“ beim Sommerblut-Festival

Köln, 30/05/2009

Sich aus den Augen verlieren, blind vor Liebe sein: alles Redensarten, die auf unseren Hauptsinn, das Sehen, verweisen. Wenn Sehende und Sehbehinderte, Profitänzer und Laiendarsteller ein Tanztheater zu diesem Thema gestalten, dann liegt der Gedanke einer sozialpädagogischen Maßnahme nicht fern. Dass „Blind date“, das im Rahmen des Sommerblut-Festivals im Bürgerhaus Stollwerck Premiere hatte, doch zu einem kleinen Kunstwerk wurde, ist dem Choreografen des Stückes, Philip Taylor, zu verdanken. Zehn Jahre (bis 2007) war Taylor Ballettdirektor beim renommierten Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz. Jetzt arbeitet er als freier Choreograf und wendet sich wie in „Blind date“ verstärkt auch unkonventionellen Themen und Formen des Tanzes zu.

Der eingeschränkten Bewegungsqualität der Sehbehinderten, deren oft tastenden, zögernden Schritt, stellt er die dynamischen Formen des zeitgenössischen Tanzes gegenüber, wo Arme und Beine fliegen, der Körper in dauernder Bewegung ist. Dann wieder verbindet er beider Fähigkeiten zu gefühlsstarken Bildern der Nähe. „Blind date“ ist ein Stück über die Einsamkeit und die Sehnsucht nach Liebe. Manchmal endet die im Alkohol. Julian Stierle tanzt ein großartiges „Solo mit Flasche“. Tänzerisch und verbal charakterisiert er den Wein und meint damit doch die Gefühle, die damit ertränkt werden: offenherzig, einladend. Auch wenn andere Hilferufe an der Gruppe, die sich gerade in körperlicher Nähe zu einem Haufen des Glücks türmt, abprallen, überwiegt die Zuversicht in dem Stück. Gewitzt erschleicht sich Leslie von Julian immer wieder einen Kuss im Fall. Und zum Ende demonstriert die Gruppe zur minimalistischen Musik von Philip Glass noch in einer starken Performance die Kraft des einzelnen. Eine sensible Choreografie, die an vielen Stellen leider von allzu larmoyanten Texten belastet wird.

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