Die Bereitschaft zu lernen

Ein Blog von Patricia Kapp

Frankfurt, 27/05/2010

Bei diesem 11. tamed-Symposium in Frankfurt unter dem Titel „Am Drehpunkt der Bewegung“ ist mir diese freundliche und bescheidene Atmosphäre des Lernens besonders aufgefallen. Ärzte, Wissenschaftler, Psychologen, Dozenten und Tänzer sind für drei Tage alle gleich im Willen und in der Bereitschaft, etwas zu lernen! Verschiedene wissenschaftliche Studien werden im Dreißig-Minuten-Takt vorgetragen.

Am ersten Tag: „Zum Tanz geboren“. Dr. Boni Rietveld aus Den Haag stellt seine Untersuchungen vor. Alle Teilnehmer probieren an sich die Neun-Punkte-Skala (Brighton-Kriterien) zur Feststellung der Überbeweglichkeit, ich schaffe zwei! Boni wird gleich gefolgt durch Dr. Liane Simmel aus München mit „Die goldene Mitte“: In den gelenkumgebenden Weichteilchen sitzt eine ganz eigene Schaltzentrale des Körpers, die so genannten Propriozeptoren. Hat eine chronische Überdehnung von Bandstrukturen, z.B. Hypermobilität, Einfluss auf die Propriozeptoren des Gelenkes und damit auch auf die Balance? Da stehen die Kriterien für die Aufnahme an eine Ballettakademie, z. B. maximal bewegliche Hüftgelenke, überstreckte Knie, überdurchschnittliche Beweglichkeit des Fußgelenkes im Kontrast zur ebenfalls geforderten außergewöhnlichen Propriozeption und Balance-Fähigkeit der Tänzer!

Gleich am ersten Tag gibt es also viel zu diskutieren, leider sind die Pausen immer zu kurz! Dr. Elisabeth Exner-Grave, Fachärztin für Orthopädie im Rehabilitations- und Trainingszentrum medicos auf Schalke in Gelsenkirchen hat im August 2009 einen tanzmedizinisch-orthopädischen Check-up für das gesamte Ensemble des Balletts am Rhein durchgeführt. Es ging vor allem um die versicherungsrechtliche Gleichstellung des Bühnentänzers mit dem Leistungssportler. Super, dass das gesamte Ballettensemble, alle achtundvierzig Leute, mitgemacht hat!

Dr. Corinne Jola aus Glaskow stellt eine Untersuchung vor: Wo schauen die Zuschauer hin? Ihre Befunde zeigen, dass Zuschauer vom Ausdruck des Performers bewegt sind. Wir denken alle dasselbe: warum arbeiten wir so hart an den Beinen und Füßen? Vielleicht ist das die Antwort auf diese unglaublichen Zirkus-Développés, die heute so in sind! So sieht man Kopf und Fuß!

Eine schöne Idee fand ich auch den Workshop von Clare West aus Paris, die die chinesische Kunst des Chi Kung (übersetzt: Energiearbeit), welche im klassischen Tanz einfach anzuwenden ist, an Ballettlehrer weitergeben möchte. Außerdem habe ich gelernt, dass bis zum Alter von 11 Jahren das En-dehors noch physiologisch verbessert werden kann, ich habe gelernt, beim Arzt nicht meine eigene Diagnose zu geben, sondern nur mit dem Zeigefinger genau auf die Stelle zu zeigen, wo es schmerzt, und ich habe den Test gelernt, der uns erlaubt zu entscheiden, ob ein Fuß stark genug ist, um auf Spitze zu stehen! Fazit: Kommt und lernt - es gibt immer was Neues zu entdecken!
 

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