Es tut sich was im Tanzland NRW

Ballettpremiere "körper.tanzen.formen" - Werke von Balanchine, Millepied, Forsythe

Dortmund, 28/03/2011

Es tut sich was im Tanzland NRW. Vor allem das Ballett ist nach jahrelanger Durststrecke deutlich im Aufwind. Xin Peng Wang war, aus dem beschaulich-überschaubaren Meiningen kommend, 2003 in Dortmund angetreten, mit seiner Kompanie „die Nummer Eins in Nordrhein-Westfalen zu werden“. Dem versierten „Geschichtenerzähler“ Youri Vàmos an der Rhein-Oper Düsseldorf/Duisburg galt es Paroli zu bieten, ebenso dem dynamischen, gewandten Tanzmanager und Drillmeister Martin Puttke in Essen. Dessen Ausscheiden 2008 bedeutete das Ende einer Ballett-Glanzzeit im Revier. Vàmos-Nachfolger Martin Schläpfer allerdings setzt seit der vorigen Spielzeit mit seinem „Ballett am Rhein“ völlig neue Maßstäbe. Und ganz nah bei Dortmund, am Theater Hagen, bahnt sich ein kleines Wunder an: mit beharrlichem Fleiß und entwaffnend optimistisch engagierter Bühnenpräsenz entwickelt sich die Truppe von Ricardo Fernando weiter und weiter. Das jüngste Programm „Drei-mal-Tanz“ lässt staunen.

Indes macht das Dortmunder Ballett auch nach Wangs fulminantem „h.a.m.l.e.t.“ mit dem neuen Dreiteiler „körper.tanzen.formen“ beste Figur. Drei Ballette von Balanchine, Millepied und Forsythe sind Wangs bislang ehrgeizigstes Unterfangen. Der Vater der Neoklassik sowie sein derzeit international erfolgreichster New Yorker „Enkel“ und der Erneuerer des klassischen Balletts standen schon einmal auf Wangs Agenda, freilich in anderen Konstellationen. Mehr noch als sonst stellt Wangs Auswahl diesmal das Corps de ballet in den Vordergrund und fokussiert auf die jüngere Garde seiner Solisten. Der stämmig-muskulöse Armenier Arsen Azatyan, in München ausgebildet und seit 2006 in Dortmund, beeindruckt mit den kleineren Soloauftritten in Balanchines Ensemblestück „Rubies“, dem Favoriten aus Balanchines „Jewels“, das derzeit so populär wie lange nicht ist von St. Petersburg bis Mailand. Charme und glänzende Technik bringen auch die ausdrucksstarke Brasilianerin Barbara Melo Freire (Wangs Ophelia in „h.a.m.l.e.t.“) und Neuzugang Bojana Nenadović Otrin ins edle Ambiente der eleganten Choreografie.

Im Corps allerdings fehlte bei der Premiere noch Einiges zum perfekt synchronen Bild. Die technische Qualität von Strawinskys kostbar jazzigem Capriccio für Klavier und Orchester ließ sehr wünschen übrig. Mit Benjamin Millepieds Pas de quatre „Sarabande“ auf die entsprechenden Tänze aus Bachs jeweils drei Solopartiten und –sonaten für Violine (präzise und sauber gespielt von Shinkyung Kim) profilierten sich vier junge Tänzer: Howard Lopez Quintero, Sergio Carecci, Andrei Morariu und der brillante, erst 19-jährige, als „Eleve“ engagierte Japaner Tomoaki Nakanome. In bunten T-Shirts und Jeans tollen die vier barfuß in unterschiedlichen Formationen über die große Bühne. Hans van Manens „Solo“ (für drei Tänzer) ist nicht weit – und doch in seiner perfekt kühlen Stringenz Lichtjahre entfernt. Viel verspielter, beiläufiger und fröhlicher ist Millepieds Stück - ein unterhaltsamer Entr‘acte vor dem Grandfinale. Forsythes „The Second Detail“ ist fast schon ein Klassiker des zeitgenössischen Balletts. Grenzen scheint es in dieser Erprobung der Möglichkeiten von Körperbewegung nicht zu geben. Grenzenlos gut und (scheinbar) entspannt tanzen die Dortmunder in Forsythes eisblau unterkühltem Ballettsaal. Esther Perez Samper, Risa Tateishi, Jelena Ana Stupar, Svetlana Robos und Alessandra Spada durften sich bei der Premiere solistisch zeigen. In weiteren Vorstellungen haben andere die Chance. Denn alle (!) Solopartien dieses großen Programms kann Xin Peng Wang doppelt besetzen. Ob Nummer eins, zwei oder drei in NRW – das Dortmunder Ballett tanzt ganz vorn mit und kann, wie der BVB in der Bundesliga, auf lautstarken Applaus seiner großen Fangemeinde zählen.

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