„N.N.N.N.“ von Forsythe Company

„N.N.N.N.“ von Forsythe Company

Spuren hinterlassen

TPD IV: The Forsythe Company und Meg Stuart / Damaged Goods

Dresden, 26/02/2012

von Christina Dettelbacher

Der letzte Tag: Mittlerweile betreten wir das Festspielhaus Hellerau mit einer Selbstverständlichkeit als würde die Tanzplattform nie enden. Die letzten Tage voller spannender Performances und anregender Diskussionen haben ihre Wirkung hinterlassen. Wir sind süchtig geworden nach Körpern in Ekstase, Präzision bis ins letzte Detail und in der Konsequenz − der eigenen inneren Bewegtheit.

Wir begeben uns ein vorletztes Mal in den großen Saal des Festspielhauses, um William Forsythes „N.N.N.N“ zu sehen. Vier männliche Tänzer und Forsythes einzigartiges choreografisches Wirken sind alles was es braucht um uns Staunen zu lassen. Kein Bühnenbild, keine Musik, kein aufwendiges Lichtkonzept. 20 Minuten beobachten wir, wie die vier Tänzer Spuren im Raum hinterlassen und zu einem heterogenen Wesen verschmelzen. Dieser Metamensch zieht sich gleich einem Magneten immer wieder zusammen, um im nächsten Moment wieder in seine Einzelteile zu zerfallen und macht dabei allerlei Geräusche, die uns Schmunzeln lassen. Forsythes hochkomplexe, dekonstruierte Methode erscheint so wie ein Kinderspiel. Vermeintlich aus dem Ärmel geschüttelt endet das Stück genauso schnell wie es begann und wir fühlen uns auf unbestimmte Weise ein Stückchen leichter...

Nach einem Nachmittag voller interessanter Gespräche sitzen wir tatsächlich schon im letzten Stück: Meg Stuarts „VIOLET“. Sind es Schlafwandler, die aus ihrem Alptraum erwachen wollen? Oder ist dieser Alptraum nichts anderes als die grausame Realität einer Schmerzerfahrung der Einsamkeit? Genau wie die Geräuschkulisse, die durch ein Schlagzeug und den Synthesizer erzeugt wird, steigern sich die Bewegungen der fünf Tänzer in einen rauschhaften Trance, dem sich der Zuschauer auch nicht durch Oropax entziehen kann. Aber das will er auch nicht. Die gepeinigten Kreaturen auf der Bühne halten es aus, dann schaffen wir das auch. Und plötzlich ist da ein unverhoffter Blick ins Publikum, eine sanfte Berührung der Tänzer untereinander. Nach der körperlichen Isolationshaft entfaltet dieser von Meg Stuart auf den Punkt bewusst eingesetzte Bruch eine extreme Wirkung, die uns auf die weitgehende Selbstverständlichkeit dieser Mittel im Tanz überraschend aufmerksam macht. Wir erwachen geistig schweißgebadet aus dem Traum, das Saallicht blendet und wir klatschen steif und tapfer. Positiv überfordert.

Und dann ist es da. Das Ende. Oder der Anfang vom zweijährigen Warten auf die nächste Tanzplattform in Hamburg. Denn eines ist klar: Wir kommen wieder. Danke Hellerau! 
 

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