Am Anfang war der Übertitel

„Germinal“ von Antoine Defoort und Halory Goerger eröffnet das Salzburger „Performing New Europe“-Festival PNEU

Das Performancekollektiv um Antoine Defoort und Halory Goerger setzt sich spielerisch mit der Theaterwelt und ihren Eigenheiten auseinander.

Salzburg, 14/01/2014

Am Anfang des humorvollen Schöpfungsepos „Germinal“ steht die Feststellung, dass die vier Performer Ondine, Antoine, Halory und Arnaud ihre Gedanken via Projektion auf der rückseitigen Bühnenwand miteinander (und mit dem Publikum) teilen können. Von diesem Moment an entdecken sie die vielfältigen und illusionsreichen Effekte der Theaterwelt und erschaffen sie für sich neu. Sie werden selbst zum Gott einer (theatralen) Schöpfung, in die sie zugleich als verlorene Individuen hineingeworfen werden und über deren Möglichkeiten sie permanent staunen können.

Welche Möglichkeiten bietet ein Körper, der ohne den Umweg einer direkten Versprachlichung kommunizieren kann? Wie kann die Bewegung das visuell vermittelte Sprachsystem unterlaufen, bereichern oder konterkarieren? Spannende Fragen, mit denen das Performancekollektiv spielerisch umgeht. Denn während die Übertitel-Dialoge auf die Hinterbühne projiziert werden, müssen sich die Körper der Performer auf der Bühne in ihrer sprachlosen Ausdrucksfähigkeit zurechtfinden. Ondine scheint von dem körperlichen Möglichkeiten einer Gedanken-Kommunikation besonders begeistert – an einer Stelle bemerkt sie via Übertitel-Panel wie praktisch es sei „Reden“ zu können, während sie sich parallel wild gestikulierend durch den Raum bewegt.

Schade, dass dieser Gedanke vernachlässigt wird, sobald die Performer mithilfe eines Mikrofons, das jemand aus dem Bühnenboden hervorzaubert, „echtes“ Sprechen erlernen. Von diesem Moment an folgt eine effektreiche Reise durch das – sich selbst konstituierende – Theater-Wunderland: Bühnenteile werden benannt und mithilfe eines Mindmaps an der hinteren Wand in (mal mehr mal weniger) sinnvolle Kategorien eingeordnet. Und aus dem Bühnenboden taucht eine E-Gitarre auf, die alle Performer dazu bringt das gesprochene gegen das gesungene Wort einzutauschen. Über ein Notfall-Telefon wird versucht, die Grenzen des Theaterraums zu überschreiten, bis schließlich aus den Tiefen des Bühnenbodens ein Computer als wortwörtlicher „Deus Ex Machina“ erwacht, mithilfe dessen die Performer eine finale Rückschau ihrer eigenen Schöpfung durchlaufen können.

Ein unterhaltsamer und intelligenter Abend, der sich zwar mit der Zeit in seinen eigenen Mitteln erschöpft und dadurch einige Längen produziert, aber einen guten Einstieg für das PNEU-Festival der SZENE Salzburg bietet, das noch bis zum 18. Januar 2014 Produktionen der zeitgenössischen Tanz- und Performance-Szene in Salzburg zeigt.
 

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