„RE(MAINS)“ von und mit Jeremy Nedd

 „RE(MAINS)“ von und mit Jeremy Nedd

Elegie der Selbstfindung

„RE(MAINS)“ von Jeremy Nedd im Roxy Birsfelden

Ein weißer Raum, Topfpflanzen und mittendrin Jeremy Nedd. Sein Stück ist eine gelungene Reise in die intime Entkontextualisierung, die immer etwas verloren in sich selbst bleibt und nach der man sich auffällig einsam fühlt.

Birsfelden bei Basel, 09/06/2019

Von Susanne Ernst

Ein weißer Raum, eine Horde Topfpflanzen und mittendrin Jeremy Nedd. Das Stück zeigt sich schon in den ersten Minuten als schwer zugänglich für das Publikum, man bleibt stets außen vor, solange der Performer seine dem Hip-Hop entlehnten Gesten eine nach der anderen für die Kamera auf der anderen Seite der Bühne aufführt. Es ist ganz still im Raum.

Als Jeremy Nedd dann die soeben aufgenommenen Gesten mit dem Beamer auf die weiße Fläche vor uns projiziert, dekoriert er die Projektion mit den Pflanzen vom Bühnenrand und schaut zusammen mit dem Publikum sich selbst zu. Er inszeniert das soeben von sich geschaffene Bild noch einmal durch, legt passend zum Schlussakkord der epochal wirkenden Filmmusik einen Stein direkt in die Mitte, bläst mittels kleiner, tragbarer Nebelmaschine die nötige Dramatik in den Raum für seine Dschungel-Situation, die sehr spielerisch mit den Gangster-Posen interferiert.

Immer wieder kehrt in RE(MAINS), seiner Abschlussarbeit für den Master Expanded Theatre an der Hochschule der Künste Bern, die Stille zurück, bricht mit den teils grotesk elegisch ausgewählten Musikstücken, darunter beispielsweise „Live (for the One I Love)“ aus dem Musical Notre-Dame de Paris. Allein dadurch entsteht nie ein Sog, der einen einfach die entstehenden Bilder genießen lässt, man kommt nicht umhin, alles sofort in Frage zu stellen, unaufgeregt heroisch und sympathisch umgesetzt. Die Varianten, die der Performer dabei für sein Bewegungsrepertoire sucht und probiert, stellen die gnadenlose Frage nach dem Warum und Weshalb dessen, was wir sehen. Er findet keine finale Form.

Im Dunkeln nur vom Licht des Laptops beleuchtet, bekommen die ZuschauerInnen zum ersten Mal Worte zu hören, „cloudy skies, pastures, ponies, make a circle, grab my crotch, smash something, look at those icebergs...“, die verschriftlichte Dramaturgie seiner Bewegungen.

Ein Schatten unserer Selbst, ein nackter Oberkörper, ein fragil wirkender Fluss aus eigentlich als aggressiv gedachten Gesten. Eine gelungene Reise in die intime Entkontextualisierung, die immer etwas verloren in sich selbst bleibt und nach der man sich auffällig einsam fühlt.
 

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