„Rhythm under the Skin“ von Stephan Thoss, Tanz: Ensemble

Hörbare Körper

„Rhythm under the Skin“ im Mannheimer Tanzhaus

Percussion trifft auf Choreografie: Stephan Thoss arbeitet Hand in Hand mit der Percussion-Gruppe Schlagwerk.

Mannheim, 25/09/2023

Das Mannheimer Nationaltheater muss sich während der langen Renovierungsphase mit beengten Ausweichquartieren zufriedengeben. Die Tanzsparte ist vergleichsweise gut dran, verfügt sie doch im Tanzhaus in Käfertal über eine eigene Bühne. Was eigentlich als Probenraum konzipiert war, musste seit der letzten Spielzeit als Hauptaufführungsort herhalten – mit dem begrenzten Charme einer Werkhausatmosphäre. Bislang. Denn zur Eröffnung der neuen Spielzeit empfing Hausherr Stephan Thoss das Publikum in einem hübsch stilisierten roten Varieté: mit lauschigen Cocktailsesseln, goldumrandeten Plüschsofas und dezenten Leuchten auf kleinen Tischchen.

Klar, mit dieser Ausstaffierung hat der kleine Zuschauerraum noch etliche Sitze verloren, obwohl die Sessel bis zu beiden Seiten der Tanzfläche aufgestellt sind. Egal – die neue Gemütlichkeit in ironischer Lounge-Atmosphäre nutzte Stephan Thoss für eine gelungene Charme-Offensive. Denn der Tanzabend „Rhythm under the Skin“ – live begleitet vom legendären Mannheimer Percussion-Ensemble Schlagwerk – ist ein neues, intimes Format. Der Tanzchef führt in der Rolle des Varietédirektors persönlich durch den Abend und gibt kleine Einblicke in die Annäherung von Choreografie an den dominierenden Rhythmus, der diese Aufführung prägt. Schlagwerk -Gründer Professor Dennis Kuhn, an der Mannheimer Musikhochschule für Percussions aller Art zuständig, hat dafür auf Augenhöhe mit Stephan Thoss zusammengearbeitet; das beweist schon die Tatsache, dass eines der vier aufgeführten Stücke eine Auftragskomposition darstellt.

Nimmermüde Bewegungsfantasie

Stephan Thoss hat die hoch abstrakte Bewegungslehre, die der ungarische Tanztheoretiker Rudolph von Laban in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts formuliert hat, noch über dessen direkte Schüler kennengelernt. Sie dient dem Choreografen als Rahmen für eine nimmermüde Bewegungsfantasie, aus der sich seine Arbeiten speisen. Thoss war selbst erfolgreicher Solotänzer, und nicht nur das: Er spricht und denkt mit seinem Körper. So war die Einführung in seine Arbeitsweise mehr als ein äußerst unterhaltsames Zwischenspiel. Die grundlegenden Kategorien der Laban-Bewegungslehre dienen dem Choreografen auch als Struktur der improvisatorischen Herausforderungen. Nähe und Distanz, die qualitativen Eigenschaften von Bewegung, die Zuordnung von Bewegung zu Ton – das alles konnte man deutlicher sehen und besser verstehen.
Die sieben Schlagwerk-Mitglieder und die fünfzehn famosen Tänzerinnen und Tänzer wurden am Ende vom Publikum umjubelt, der Hausherr sowieso. Gerade mal drei Aufführungen dieses Abends stehen bislang auf dem Mannheimer Spielplan – das Schlagwerk-Ensemble terminlich unter einen Hut zu bringen, ist eine Mammut-Aufgabe. Vielleicht klappt es ja doch noch einmal – schön wär‘s!

 

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