„Bee Dances“

„Bee Dances“

coram publico

„Bee Dances“ als Live-Stream von und mit Ninus und Kareth Schaffer

„Bee Dances“ ist die gemeinsame Arbeit der indonesischen Choreografin Ninus und ihrer Berliner Kollegin Kareth Schaffer. Doppeldeutigkeit ist Teil eines Programms, das sich am Ende vielschichtiger gibt, als es zunächst erscheint.

Berlin, 01/03/2021

Zwischendurch fällt einmal Hamlets „To Be or not to Be“. Gehört, lässt es sich auch auf andere Weise lesen. „Bee Dances“ nennt sich jedenfalls die gemeinsame Arbeit der indonesischen Choreografin Ninus und ihrer Berliner Kollegin Kareth Schaffer, und insofern ist die Doppeldeutigkeit von vornherein Teil eines Programms, das sich am Ende vielschichtiger gibt, als es zunächst erscheint. Wer kennt schon hierzulande das balinesische Duo „Oleg Tamalilingan“ beim Namen, und wer weiß um die Hintergründe einer Choreografie, die auf Bali so etwas wie einen Kultstatus genießt? Ninus und Schaffer tun deshalb gut daran, im Stil einer Lecture Demonstration zunächst erst einmal seine Geschichte aufzuarbeiten, und sie tun es coram publico auf eine Weise, die insgesamt für den Livestream-Abend der Berliner tanzfabrik bezeichnend ist: zunächst noch streng getrennt nach Sprache und Herkunft, scheinen sich am Ende die Standpunkte der beiden anzunähern, wenn nicht sogar auszutauschen – ganz so, wie es letztlich mit den „Bee Dances“ geschieht. Denn die kulturelle Identität der Vorlange ist nicht so einhellig, wie man anfangs glaubt. I Ketut Marya, besser bekannt als I Mario, schuf zwar 1952 auf Bitten von John Coast „Oleg Tamulilingan“, aber inspiriert haben ihn dabei auch „Dornröschen“-Bilder aus einem klassischen Ballettbuch.

Die Grenzen sind jedenfalls fließend, und auf dem Wabengrund der Berliner Uferstudios „verkörpert“ zunächst I Putu Wibi Wicaksana auf seine Art eine Keimzelle, aus der sich alles andere entwickelt. Denn der indonesische Tänzer bleibt nicht lange alleine. Eine europäische Tänzerin tritt hinzu. Und als wären’s Spiegelneuronen, scheinen sich beider Bewegungen nach und nach anzugleichen: ein choreografisches Wechselspiel von Geben und Nehmen, das durch die Lernverzögerungen der einzelnen eine erheiternde Lebendigkeit erhält. Langweilig wird der Tanztransfer jedenfalls nie – und weil die Beteiligten immer wieder Erläuterungen einstreuen, ist er lehrreich obendrein. Wer weiß heutzutage schließlich noch, dass mit Karl von Frisch ausgerechnet ein deutscher Zoologe den „Wackeltanz“ der asiatischen und europäischen Honigbienen erforscht und entschlüsselt hat. Indem Ninus und Schaffer den historischen Hummelflug in kollektive „Bee Dances“ überführen, spielen sie darauf an, und scharwenzelnd lässt sich unter ihrer Mimikry letztlich eine bewegte Gemeinsamkeit erkennen, die heutzutage fast schon wieder etwas Utopisches hat.

Zum Schluss das balinesische Original, getanzt von K. S. Gitaswari Prabhawita und I Putu Wibi Wicaksana: ein komplexes, ungemein kostbares Unterfangen nicht nur was seine Einkleidung betrifft. Gleichzeitig entpuppt sich „Oleg Tamulilingan“ als ein schwereloser Tanz von einer imaginären Blüte zur anderen, von dem man sich wünscht, er würde niemals enden. Aufwendiger produziert wird die Arbeit von Ninus, Schaffer und Co. denn auch im April noch einmal im Netz zu sehen sein.

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