„Alice im Wunderland“ von Antoine Jully. Tanz: Teele Ude & Samory Flury

„Alice im Wunderland“ von Antoine Jully. Tanz: Teele Ude & Samory Flury

Träumen muss man live

Renate Killmann im Gespräch mit Antoine Jully

Ein bisschen Farbe, ein bisschen Fantasie möchte der Oldenburger Ballettdirektor in Corona-Zeiten in die Welt bringen. Dabei setzt er auf den Live-Auftritt – und gibt die Hoffnung nicht auf.

Oldenburg, 12/03/2021

Herr Jully, was bewegt Sie dazu, das Stück „Alice im Wunderland“ zu choreografieren, was interessiert Sie an dem Sujet?

Antoine Jully: Ich verfolge die Idee zu diesem Ballett schon 2-3 Jahre lang. Jetzt war die Zeit reif dafür. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass meine Tochter jetzt acht Jahre alt ist, genau wie die Hauptfigur im Märchen. Auch wollte ich etwas mit Farbe, mit Fantasie machen, „something sweet“ … Ich habe viele abstrakte Ballette choreografiert, jetzt hat es mich interessiert, ein Handlungsballett zu kreieren. Auch wollte ich die fantastischen Möglichkeiten dieses Theaters einmal voll ausnutzen: mit Bühnenbild, Technik und fantasievollen Kostümen. Vieles vom Bühnenbild geht auf meine Ideen zurück und die Videoprojektionen habe ich selbst entworfen und animiert.

Alice im Wunderland ist ein populäres bekanntes Thema, mehrfach verfilmt. Sie wählen dazu ambitionierte Musik von Philip Glass und Alfred Schnittke, wie passt das zusammen?

Antoine Jully: Die Musik stammt aus meiner Welt! Ich möchte das Niveau, die Qualität meiner Arbeiten hochhalten. Die Farben der Musik dieser beiden Komponisten wechseln im Stück einander ab, die Musik inspiriert mich.

Wie schaffen Sie es, trotz Corona-Bedingungen eine so große Produktion zu erarbeiten? Sind Gruppen- / Ensemble- Szenen möglich? Welche Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen, um proben zu können? Werden Sie alle regelmäßig getestet?

Antoine Jully: Ja, wir werden alle zwei Mal pro Woche getestet, damit wir so arbeiten können, wie jetzt. Es gibt Ensembles, Duette und auch viele Soli. Die regelmäßige Testung gibt uns Sicherheit, aber dies kostet viel Geld! Der Freundeskreis des Theaters unterstützt uns und bezahlt die Testungen, damit wir weitermachen können. Dafür sind wir sehr dankbar.

Ihre Ballettleitungskolleg*innen wählen in diesen Zeiten auch die Form eines Premieren-Streams, z.B. hat Marco Goecke in Hannover zwei Tanzpremieren online präsentiert. Wie stehen Sie zu dieser Praxis?

Antoine Jully: Für meine Produktion wäre das keine gute Idee. Dieses Ballett ist für die Live-Präsentation produziert, es braucht die Zuschauer*innen, die das Geschehen mitverfolgen und so aktiv an der Vorstellung teilnehmen. Ich möchte die Hoffnung hochhalten, wir werden live tanzen! Wenn ich jemals etwas für den Stream produziere, dann ist das ein ganz anderes Format, dann muss ich eine extra Filmversion des Balletts kreieren, anders als für die Live-Aufführung. Das wäre dann auch künstlerisch gesehen etwas ganz Anderes.

In den vergangenen Jahren Ihrer Ballettdirektion haben Sie dem Oldenburger
Publikum neben zeitgenössisch arbeitenden Gastchoreograf*innen auch interessante Choreografien der Tanz-Moderne z.B. von Martha Graham und Lar Lubovitch präsentiert und so die Entwicklung des Tanzes erlebbar gemacht. Werden Sie an diesem Konzept festhalten und haben Sie neue Pläne dafür?

Antoine Jully: Ja, ich werde an diesem Konzept festhalten und habe auch schon neue Ideen dafür. Wir sind in Verhandlungen für ein ganz spannendes Projekt, soviel kann ich jetzt schon sagen. Es ist auch immer wieder eine lohnende Weiterentwicklungsmöglichkeit für die Tänzerinnen und Tänzer, wenn sie eine andere Tanzsprache kennenlernen und für sich erschließen können.

Herr Jully, vielen Dank für dieses Gespräch und den Einblick in Ihre Arbeit.

 

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