Hommage an zwei Etoiles

Marlène Ionescos DVD „Comme un rêve“ über Dominique Khalfouni und Mathieu Ganio

Stuttgart, 31/12/2008

Was fehlt an Marlène Ionescos neuem Film über Dominique Khalfouni, ehemalige Danseuse Etoile des Balletts der Pariser Oper und ihren Sohn Mathieu Ganio, ebenfalls Danseur Etoile der „Grande Maison“? Der Tanz. Mag es an Rechten für Videos liegen, dass die Regisseurin nur so wenige und kaum repräsentative Filmausschnitte aus den Karrieren der beiden Danseurs Etoiles zeigt? In anderthalb Stunden erfährt man zwar in etwas zu ausführlichen Zeugnissen von zweifelsohne großen Persönlichkeiten der Tanzwelt wie Vladimir Vassiliev, Mikhail Baryshnikov, Michaël Denard, Pierre Lacotte und Agnès Letestu deutlich eines über die beiden Künstler: es handelt sich um zwei außergewöhnliche Tänzer, beide blutjung direkt aus dem Corps de Ballet zu Danseurs Etoiles ernannt, beide hochbegabt, ideal proportioniert, von besonderer Eleganz und Authentizität. Doch versäumt es Ionesco weitgehend, diesen Aussagen auch visuelles Gewicht zu verleihen. Kürzeste Filmausschnitte und einige wenige Photographien nur untermalen die Erzählungen über Khalfounis Karriere.

Auffällig ist auch, dass Roland Petit, für den Khalfouni kurz nach ihrer Nominierung zur Danseuse Etoile das Ballett der Pariser Oper verließ und zu dessen Muse sie wurde, kaum mit einem Wort erwähnt wird und auch nicht zu Wort kommt – von Filmausschnitten beispielsweise aus Petits Thais, Proust oder Vier Jahreszeiten, alle bereits im Fernsehen ausgestrahlt, ganz zu schweigen. Auch Ganios bisher noch sehr überschaubare Karriere wird überaus summarisch abgehandelt. Die einzigen (zu) langen Filmausschnitte sind Proben und Ausschnitte aus Wayne MacGregors „Genus“ sowie sehr unvorteilhaft aus der Kulisse des Mariinsky-Theaters gefilmte Ausschnitte aus „Giselle“ – beides Rollen, die nicht zu den markantesten seiner Karriere zählen. Und ob es von besonderem Geschmack zeugt, Mathieus Schwester Marine (Quadrille beim Ballett der Pariser Oper) in einem kurzen Filmausschnitt von schlechter Qualität abzuhandeln, ist ebenfalls fraglich.

Es handelt sich hier eher um einen Film für Kenner der Karriere der beiden Etoiles – für diese bringt der anderthalbstündige Dokumentarfilm allerdings nicht viel Neues außer einigen Einblicken in deren Privatsphäre. Der Außenstehende wird kaum etwas erfahren oder sehen, was die beiden Künstler so besonders macht: ihr außergewöhnliches Talent, das allen außer ihnen selbst sofort ins Auge springt, gepaart mit erstaunlicher Bescheidenheit, Musikalität, Sensibilität und einer vollkommenen Ehrlichkeit und Bereitschaft, sich auf der Bühne ganz zu öffnen. Was bleibt, sind einige interessante Interviews mit Khalfouni, Ganio und ihren Partnern. Und immerhin sind Tänzerporträts eine viel zu seltene, lobenswerte Initiative – zumindest im Fall von Mathieu Ganio kann man hoffen, dass weitere folgen werden.

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