Ein bunter Gruß aus „down under“

Das Queensland-Ballet auf Gastspielreise in Europa, hier: in Hamburg

Hamburg, 29/10/2009

Seit 1998 baut der ehemalige Erste Solist des Hamburg Ballett François Klaus zusammen mit seiner Frau, der Tänzerin und gebürtigen Australierin Robyn White, in Brisbane eine ambitionierte Kompanie auf: das Queensland Ballet. Gegründet bereits vor über 50 Jahren von Charles Lisner, hat das Ensemble heute mit 24 Tänzerinnen und Tänzern einen beachtlichen Status erreicht. Das zeigte sich auch jetzt an einem gemischten Ballettabend bei der Europa-Tournee, die die Gruppe in die Schweiz sowie nach Friedrichshafen, Kiel, Aarhus (Dänemark), Hamburg (27./28.10.), Potsdam (31.10.) und Minden (3./5./6./7.11.) führt. Erkennbar konsequent klassisch geschult, präsentieren die Gäste aus „down under“ ein buntes Potpourri aus Choreografien von François Klaus selbst sowie von den beiden Australiern Natalie Weir und Kim McCarthy (den Hamburgern ebenfalls noch als Tänzer, vor allem als leidenschaftlich-draufgängerischer Armand in „Die Kameliendame“ mit Chantal Lefèvre bekannt).

Der Reigen beginnt mit „Steps for Strings“ (François Klaus), einem flotten und spritzig präsentierten Aufwärmer, der fast schon ans Revuehafte grenzt, was auch der Musik geschuldet ist, z.B. Ennio Morricones zeitlosem Motiv aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ in einer orchestrierten Fassung. Ensembles und Soli wechseln in rascher Folge, und die Bühne erscheint oft viel zu klein für die quirligen Drehungen und Sprünge. „Nineteen“ von Kim McCarthy zum Klavierkonzert Nr. 19 in F-Dur von Mozart sorgt dann mit einer schön komponierten Bewegungsetüde für vier Paare für etwas Ruhe. Unverkennbar: der Einfluss von Nacho Duato, bei dem McCarthy längere Zeit als Erster Solist engagiert war. Der neunminütige Pas de Deux „Chant d’Amour“ von François Klaus zu Fado-Musik erscheint danach wie ein bittersüßes Praliné aus feinster Chili-Schokolade, gefolgt von dem nahezu archaisch anmutenden „Gathering“ von Natalie Weir, einem Stück für neun Solisten und Corps. Da wird auf hohem Niveau gehoben, getragen, gedreht, geschleift und gespreizt – es ist ein Kommen und Gehen, ein Hin und Her, Vor und Zurück, geschmeidig und katzengleich, kraftvoll und sanft, aber auch mit einem Hauch Bedrohlichkeit.

Nach der Pause dann der Höhepunkt des Abends: „Timeless dances“ von François Klaus zu Musik des zu den Aborigines gehörenden Musikers William Barton. Dieser, ein Großmeister des Didgeridoo, hat für das „Instrument des Windes“, Gitarre und Streichquartett ein Stück komponiert, das eine eigenartig vertraute und doch ganz fremde Klangkulisse bietet. Tänzer und Musiker sind zusammen auf der Bühne – und der große und schwergewichtige Barton sitzt da mit seinen zwei meterlangen Didgeridoos wie ein Monolith, demgegenüber die Tänzer wie filigrane Wesen aus einer anderen Welt anmuten. Inhaltlich erzählt das Stück die Schöpfungsgeschichte nach einer Legende der australischen Ureinwohner: Mensch und Tier waren urspünglich zu Fels und Eis erstarrt an die Erde gefesselt und wurden erst durch die Wärme der Sonnengöttin zum Leben erweckt – um den Preis der Vergänglichkeit. Klaus orientiert sich in seiner Bewegungssprache hier am Vokabular der Aborigines – da wird viel geschlichen und gekrochen –, gemischt mit unverkennbar europäischen Elementen. Manches mutet da fast ein wenig kitschig an – aber vielleicht liegt das auch am denkbar ungeeigneten Aufführungsort: das unterkühlte, sterile Hamburger Congress-Zentrum ist für Tanzdarbietungen ganz und gar ungeeignet (und der viel zu große Saal 2 war zudem noch nicht mal zu einem Drittel gefüllt). So erscheint manches, was auf einer passenderen Bühne (Kampnagel, Kammertheater oder Ähnlichem) vermutlich begeistert hätte, hier seltsam distanziert und unpassend. Der ehemalige Hamburger Publikumsliebling François Klaus hätte mit seiner engagiert tanzenden Truppe einen liebevolleren und respektvolleren Empfang verdient. Schade.

www.queenslandballet.com.au

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