Was den Körper im Inneren zusammenhält

Bewegtes Wissen - Laban/Bartenieff-Bewegungsstudien (LBBS) verstehen und erleben

Lüneburg, 22/11/2010

Ein Fachbuch – schon der Preis verrät es - für Lehrende, die ihr professionelles Profil in der Materie schärfen und mit Anregungen ausbauen wollen, aber auch für Tänzer, denen es um die bewusste Körperbeherrschung im Raum geht – und schließlich können körper- und tanzinteressierte Laien daraus Erkenntnisse schöpfen, durch die sie ein tieferes Verständnis erreichen. Zwei Teile decken Theorieerklärung (mit praktischen Beispielen) und Praxisbeschreibungen ab. Die Abschnitte und Unterteilungen ermöglichen das selektive Lesen. Eine DVD mit Beispielen komplettiert den Band. Nützlich ist es, vor dem Einsteigen in den sehr dichten Theorietext die „Stichpunkt-biografien“ des bahnbrechenden Tanztheoretikers Rudolf von Labans (1879 - 1958) und von Irmgard Bartenieffs (1900 – 1981) zu lesen, um den historischen Hintergrund und die beteiligten Personen grundsätzlich kennen zu lernen.

Die detaillierte Analyse setzt bei „der sich bewegende Mensch“ mit der Beschreibung der Körperteile ein, definiert etwa das Becken als Schwerezentrum, den Brustkorb als „Leichtezentrum“. Bei der Körperhaltung werden u.a. der weite Stand (wie Chaplin), die vertikale Betonung nach oben (wie beim Ballett) oder die vertikale Fläche (wie beim Blocken des Basketballs) angeführt. So werden die Wortbeiträge über die manchmal komplizierten Verhältnisse im Raum und im Körper mit plastischen Beispielen, deutlichen Zeichnungen fassbar wie etwa in den geometrischen Formen Ikosaeder, Oktaeder und Hexaeder (mit zwanzig, acht und sechs Flächen). Darein stellt Laban seine Körper und erläutert die Raumpositionen, -richtungen. Die von Laban entwickelte Tanzschrift Labanotation wird mit einbezogen, deren Elemente strukturieren visuell. Er wünscht sich (S.122) die „Synthese von wissenschaftlicher und künstlerischer Bewegungsanalyse“, um eine einseitige Entwicklung in die eine oder andere Richtung zu verhindern.

Diese Ausrichtung nimmt Bartenieff in ihren Systemerweiterungen auf (S.155): „Sie schätzte die Einzigartigkeit jedes Individuums und suchte gleichzeitig nach universellen Prinzipien.“ Mit praktischen Beispielen werden ihre sechs „Fundamentals“ erläutert, darunter etwa „Beugen und Strecken im Hüftgelenk“ oder „Gewichtsverlagerungen des Beckens“. Abbildungen illustrieren nachvollziehbar die Ausführungen. Die „Funktion“ der jeweiligen Übung und das daraus resultierende „Erlebnis“ runden die Beschreibung ab zum Ganzen.

Im Teil 2 berichten 27 Experten –hauptsächlich Frauen, Kurzbiographien sind beigefügt (auch auf der DVD) - von ihren praktischen Erfahrungen mit LBBS in vielen Lebensbereichen. Darunter auch der Tanz: Ballett-Exercise (etwa zur genauen Platzierung), Bewegungschor in der Tradition Labans, Vergleich der choreografischen Arbeit von Pina Bausch und Hans Kresnik (ziemlich weit hergeholt) sowie Labanotation und „Improvisation Technologies“ von Forsythe, der Labans Arbeit als komplex und tiefgreifend ansieht (S.381) Daneben werden Anwendungen geschildert bei der „Parkinson-Krankheit“, bei Osteopathie, Turner Syndrom, beim Volleyballunterricht, bei Musikern und beim Klavierunterricht etc. - eine breite Palette an Möglichkeiten eröffnet sich für die LBBS. Aus dem Nachlesen der „Episoden“ erwachsen sicherlich eigene Ideen, wie es Rudolf von Laban und Irmgard Bartenieff sich wünschten.

Ausführliche Register sowie umfangreiche Bibliografie erleichtern die Orientierung, auch bei nachfolgenden Recherchen über das Thema. Fazit: ein sehr nützliches Buch.

Bewegtes Wissen, Laban/Bartenieff-Bewegungsstudien (LBBS) verstehen und erleben von Antja Kennedy (Hrsg) 430 Seiten, inklusive DVD, Logos Verlag Berlin, 2010. Preis: 59,00 Euro

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