Alle feierten den Ballettchef Peter Breuer

Eine Gala am Salzburger Landestheater

Salzburg, 27/01/2011

„Es lebe der Tanz!“ – welch ein Glücksfall, wenn das Grußwort des Intendanten eines Mehrsparten-Hauses an die Besucher einer Gala so endet! Hier kam es von dem des Salzburger Landestheaters, Carl Philip von Maldeghem, der seinem Ballettchef jetzt auch die erste Ballettwoche genehmigte. An deren Ende ließ sich Peter Breuer für die 20 Jahre feiern, die er das Salzburg Ballett leitet. Er hatte attraktive Gäste eingeladen, und sie traten zugunsten der Aids-Hilfe alle ohne Gage auf. Den Reigen eröffnete seine Truppe mit „Light My Fire“ mit den für Breuer typischen Zügen einer Revue, durch Elemente klassischer Tanztechnik veredelt. Die Hitze der Doors oder Friedrich Guldas jedoch, dessen pianistische Adaption vom Ende der 60-er Jahre immer noch glüht, wurde nur in den Sprungkaskaden der Männer erreicht. Peter Breuers Stärke liegt wohl eher im Erzählen, zumal er mit seinem „Peer Gynt“ schon früh das Fundament zu seinen vielen großen Handlungsballetten gelegt hat.

Der junge Thoriso Magongwa brachte mit dem modernen Solo „Called“ von Kitty Phetla zur Musik Michael Nymans einen extrovertiert-exotischen Akzent auf die Bühne. Der großartigen Choreografie von Mozarts „Klavierkonzert Es-Dur“ durch Uwe Scholz war die tänzerische Ausführung durch Blythe Newman und Admill Kuyler vom Ballett des Badischen Staatstheaters nicht adäquat, denn beiden fehlte einiges an filigraner Spannkraft, mit der die Musikalität und das wunderbare Legato dieses Meisterwerks erstrahlen können. Weit tänzerischer, musikalischer und präsenter wirkten Aliya Tankypayeva, Stanislav Jermakov und Vahe Martirosyan vom Zürcher Ballett in Heinz Spoerlis Version des Grand Adagio aus „Raymonda“. Mit Ben van Cauwenberghs häufig in Galas auftauchenden „Les Bourgeois“ setzte Denis Untila vom Essener Ballett den vom Publikum bejubelten Gegenakzent, ohne zu den großen Interpreten dieses Solos zu gehören. Danach erstrahlte mit dem Pas de deux aus Marius Petipas „Dornröschen“ der Glanz der Klassik, als Lukáš Slavický seine pirouettengespickte Manege der Salzburger Bühne anpasste, die viel kleiner als die gewohnte in München ist. Neben ihm ließ Ivy Amista, die erst während der kürzlichen Spanientournee des Bayerischen Staatsballetts als Aurora debütierte, mit präziser Fußarbeit aufmerken, erfreute mit frischem Temperament und illustrierte mit anmutigen Port de bras, wie Dornröschen sein Aufwachsen rekapituliert. Dann zeigte das Salzburg Ballett in dem von seinem Ballettmeister Ingo Meichsner zu Musik von Steve Reich choreografierten „Pass on“, dass es sich nicht verstecken muss. Denn seine Tänzer verschmolzen in ihrer Synchronizität zu einem Ensemble, das sich starker Effekte sicher sein kann und in dem die Einzelnen engagiert und fähig genug sind, um eigene Akzente zu setzen.

Nach der Pause gefielen Ildikó Bacskai und Levente Bajàri von der Ungarischen Staatsoper Budapest in „Whirling“ von András Lukács mit dynamisch fließendem Tanz, barfuß auf halber Spitze. In einem weiteren Pas de deux zur Sarabande aus Heinz Spoerlis „...und mied den Wind“ schienen Viktorina Kapitonova und Vahe Martirosyan die Schwerkraft aufzuheben. Dieses schöne Paar ließ mit dezent expressiven Posen die Abstraktheit der Choreografie in ihrem ergiebigen Gehalt erblühen. Danach setzte Denis Untila mit dem Solo „Feeling good“, das er sich selber auf den Leib choreographiert hat, wieder den Gegenakzent, ehe Yuko Kato und Jörg Weinöhl, Seniortänzer Martin Schläpfers, jetzt im Ballett am Rhein beheimatet, mit einem Ausschnitt aus „Pezzi“ den künstlerischen Höhepunkt boten: Musikalität, Bewegungsfindung und Ausdruck gingen eine beeindruckende Synthese ein, und es war wunderbar anzusehen, wie authentisch die Japanerin kindlich-witzige Impulse in Tanz umsetzte und mit ihrem einfühlsamen Partner wie im Zeitraffer wechselnde Zustände und Stimmungen bis ins Alter durchlief, zart und spielerisch, doch zugleich tief die menschliche Seele auslotend! Mit seiner ganz eigenen Tanzsprache ließ Schläpfer sogar ahnen, was einfaches Gehen oder stilles Stehen bedeutet. Bei Elisa Badenes' und Daniel Camargos „Don Quijote“-Pas de deux fand man zur Bewunderung fassbarer Virtuosität zurück. Die beiden Jungstars des Stuttgarter Balletts begeisterten das Publikum, ehe die Salzburger mit Peter Breuers „Bolero“ den Schlusspunkt setzten: In der Spannung zwischen Unisono und wechselnden Soli, Duos oder Trios wuchs mit der Kreisbildung die Geschlossenheit des Ensembles, während in der Mitte das Eruptive mehr und mehr an Kraft gewann und am Ende von allen Besitz ergriff – längst Kult in Salzburg!

Zwischen den Tanzbeiträgen kam Peter Breuer, oft mit seinem Intendanten, auf die Bühne. Immer wenn er aus Anlass dieses 20-jährigen Jubiläums seines Wirkens als Ballettdirektor und Chefchoreograf aus seinem nun schon über 50 Jahre währenden Leben für den Tanz erzählte, konnte man sich angenehm geerdet fühlen. So bei der Anekdote, wie er zufällig und ganz gegen den Willen seines Vaters Tänzer wurde. Dann meisterte er schnell die Stufen einer internationalen Karriere, die ihn nach ersten Engagements in München, an der Deutschen Oper am Rhein bei Erich Walter über Gastengagements an der Deutschen Oper in Berlin, dem American Ballet Theatre, der Mailänder Scala und vor allem dem London Festival Ballet ans New York City Ballet zu Balanchine führte, damals dem Größten, was es gab im Tanz! „Geführt hätte“, erzählte Breuer augenzwinkernd, denn da habe er Angst gehabt – aber nicht vor den Anforderungen an ihn als Tänzer, sondern weil er Amerikaner hätte werden müssen. Damals tobte aber der Vietnam-Krieg, und keiner garantierte ihm, dass er dem Militärdienst entgehen würde. So blieb er lieber weg und tourte als Solitär mit 20 Vorstellungen im Monat um den Globus. Nur drei Monate nach seiner Zeit als aktiver Tänzer begann er am Salzburger Landestheater. „Gespeist aus der klassischen Tradition sind seine choreografischen Projekte immer entzündet am Puls der Zeit“ – so charakterisierte Carl Philip von Maldeghem die Arbeit Peter Breuers und erneuerte am Ende der Gala sein klares Bekenntnis zum Ballett, ehe dessen Tänzer sich herzlich bei ihrem Chef bedankten, der ihnen für ihre Arbeit einen tollen Rahmen bietet und sie mit seiner Energie erfüllt.

www.salzburger-landestheater.at

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern