Malakhov: Biographische Tanzimpressionen

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Stuttgart, 21/11/2002

Ein total glücklicher Mensch, im Einklang mit sich und der Welt! Gibt‘s das überhaupt? Doch, doch: er heißt Vladimir Malakhov, ist Tänzer, Choreograf und seit neuestem Ballettdirektor der Berliner Staatsoper.

Jedenfalls ist das der Eindruck, den man gewinnt, wenn man das Buch liest und die Fotos betrachtet, das jetzt in Wien erschienen. Es ist ein richtiger Prachtband geworden – das, was die Engländer ein Coffee Table Book nennen: großformatig, elegant präsentiert, mit fabelhaften Fotos und dem besten gleich auf dem Cover. Als Autorin fungiert Ingeborg Tichy-Luger, und erschienen ist es im Tichy Verlag, Wien 2002 – 160 Seiten stark, 54.90. In ihm berichtet Malakhov in Ich-Form via Ingeborg Tichy-Luger, die er dazu autorisiert hat (und die sich dieser Aufgabe in einer klaren, unverschnörkelten Sprache unterzogen hat), über sein Leben und seine Karriere, von seinen Tagen im weltenfernen Krivoj Rog, „jener dumpfriechenden, schmutzigen, ukranischen Fabrikstadt im Gebiet Dnejpropetrovsk“ bis zu dem Moment, in dem sich sein Lebenstraum erfüllt: dem Auftritt als Petruschka im Mariinsky-Theater von St. Petersburg. Und er berichtet darüber in einem Ton, der durch seine Wärme besticht und seine Dankbarkeit für dieses Leben, das ihm geschenkt wurde, das er sich hart erarbeitet hat – und für all die Menschen, denen er dabei begegnet ist, und die ihm geholfen haben, der zu werden, der er ist.

Da scheint niemand ausgelassen, nicht die warmherzige Großmutter, nicht die verständnisvollen, aufopferungsbereiten Eltern, nicht die Kommilitonen in der Moskauer Ballettschule, nicht sein hoch verehrter Lehrer Pjotr Pestov, dem er später in Stuttgart wiederbegegnet (überhaupt ist Stuttgart nach Wien die am meisten erwähnten Stadt – und aus Stuttgart stammen auch die meisten der opulent präsentierten Fotos), nicht all die Ballettmeister und Choreografen, Theaterchefs und Agenten, Kompanieleiter und Tänzerkollegen und vor allem keine der vielen Ballerinen, mit denen er getanzt hat, von Marcia Haydée, die auch das Vorwort beigesteuert hat bis Maja Plissetzkaja – und selbst die, mit denen ihm nicht zu tanzen vergönnt war (wie Natalia Makarova) werden mit einem liebevollen Wort bedacht.

Wie denn überhaupt nicht ein einziges böses Wort über seine Lippen kommt – obgleich doch auch er sich der berufsbedingten Intrigen und Rivalitäten erwehren musste, um zu dem Star zu werden, als der er heute in der ganzen Welt gefeiert wird. Und offen bekennt er sich auch zu seiner „wunderbaren Freundschaft“ mit Yuri Vider, denn „Yuri und mich verbindet Privates und Berufliches – deshalb sind wir einander auch sehr nahe. Ich bin an ihn gewöhnt. Und wenn ich manchmal ohne ihn auf Reisen gehen muss, dann fehlt er mir.“ Ein Mann, inzwischen vierunddreißig, der alle liebt und, zumindest sieht es so aus, von den meisten wiedergeliebt wird. Ein Simpatico sozusagen, den die Götter lieben. Hoffentlich hält die beidseitige Liebe recht lange an!

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