Staatsoper Unter den Linden: Francesco Cavalli, „La Calisto“

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Berlin, 03/07/2002

Zweifellos die schönste Opernaufführung der Spielzeit – das ist „La Calisto“ von Francesco Cavalli, dem Monteverdi-Nachfolger im Venedig des späten 17. Jahrhunderts. Quasi eine vorweggenommene Offenbachiade um das Liebesabenteuer Jupiters mit der Nymphe Calisto. Als Wiederaufnahme einer schon ein paar Jahre zurückliegenden Produktion des vor ein paar Monaten so tragisch früh verstorbenen Herbert Wernicke. Unbeabsichtigt so zu einer Totenfeier geworden, die doch voller Lebens ist – der Sieg des Theaters über den Tod.

Ein Dramma per musica – ohne choreografische Beteiligung (nicht einmal als Assistenz). Gleichwohl: eine Inszenierung, die durchtränkt ist von Tanz, der völlig eingebunden ist in den individuellen Bewegungsduktus der einzelnen Rollen. Der sich manifestiert als gesteigertes Bewegungs-Hochgefühl. Hier ein paar Schritte, dort ein paar Schritte – wenn das Gefühl überschwappt und nach körperlichem Ausdruck verlangt – immer aber im Rahmen der szenischen Aktion.

Das hat so gar nichts Aufgesetztes, auch nichts vom notenpedantischen Nachbuchstabieren des musikalischen Textes in abgezirkelt manierierten Bewegungssequenzen, sondern entspringt ganz dem natürlichen Bewegungsfluss. Einfach zauberhaft! Die tänzerischste Figur ist ein Satyr – Dominique Visse, ein Kontratenor im Truffaldino-Kostüm, spielt, singt, mimt und tanzt ihn, führt die tollsten Kapriolen auf nicht ohne eine Prise Selbstironie ob seiner erotischen Anwandlungen. Er hat auch einen lustigen Tanz mit einem Bären, und der ist gar possierlich und auch irgendwie rührend anzuschauen. Ein Theaterabend der totalen Glückserfahrung, der einen geradezu beschwipst in die laue Sommernacht entlässt!

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