Vladimir Malakhov startet mit der „Bajadere“

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Berlin, 08/12/2002

Drei Monate nach Spielzeitbeginn präsentiert Vladimir Malakhov, bisher in Berlin geschätzt als Startänzer, seine Visitenkarte als Hausherr des Balletts an der Staatsoper Unter den Linden. Und er tut es in gleich dreifacher Funktion: als Ballettdirektor, als Choreograf und als Protagonist seiner Einstudierung von Marius Petipas „Die Bajadere“.

Es ist eine Produktion, die sich sehen lassen kann: die Kompanie, von Sandor Nemethy und seinen Mitarbeitern bestens trainiert, auf dem Weg nach oben, kurz vor dem Anschluss an Hamburg, München und Stuttgart (in alphabetischer Reihenfolge, denn für mich gibt es keine beste deutsche Kompanie). Damit meldet Malakhov seinen Anspruch auf die Nurejew-Nachfolge an (auch wenn ihm als Tänzer dessen dämonisches Charisma fehlt). Wenn er schafft, was Nurejew beim Ballett der Pariser Opéra bewirkt hat, geht Berlin glücklichen Ballettzeiten entgegen, Endlich!

Es handelt sich um eine Übernahme von Malakhovs Wiener Produktion, die durch ihre dramaturgische Stimmigkeit, stilistische Abgerundetheit, inszenatorische Gediegenheit und insgesamt durch ihre tänzerische Solidität überzeugt – auch durch ihre musikalische Qualität (ein paar Blechbläser-Patzer unbeschadet) unter der Leitung von Michel Quéval (mit vorzüglichen solistischen Beiträgen der Staatskapelle). Eine traditionsverpflichtete moderne Klassikerproduktion von Format, an der auch die zum Teil (zweiter Akt, Schattenakt) ästhetisch berückende Ausstattung von Jordi Roig gehörigen Anteil hat. Ein Gewinn für Berlin und das deutsche Ballett! Für Malakhov nicht zuletzt der Beweis seiner stilistischen Sensibilität als Choreograf. Ich halte ihn als Choreograf sogar für musikalischer als Nurejew, der immer wieder der Gefahr erlag, seine Enchainements technisch zu überfrachten.

Es wird getanzt, dass einem das Herz aufgeht, gerade auch im erstklassig exekutierten Grand Pas (wo es mir nicht gelang, das Pas-de-deux-Paar zu identifizieren) und im berüchtigten Schattenakt – die paar nervösen Irritationen werden sich in späteren Vorstellungen noch legen. Exzellente Leistungen auch der Solisten, selbst in den problematischen pantomimischen Szenen – besonders eindrucksvoll Andrej Klemm als Oberbramahne, Rainer Krennstetter als Fakir, Martin Krajewski als Goldener Gott und auch Jana Timptner als Dienerin Hamsattis, als die Beatrice Knop durch ihre Eleganz und selbstbewusste Zielgerichtetheit besticht. Und dann ist da das Traumpaar von Diana Vishneva – eine Reinheit, ganz ins Metaphysische transzendiert- als Nikia und Malakhov als Solor, ein Kriegsheld aus dem Adelscorps, die beiden als Repräsentanten der neuen St. Petersburg-Berliner Connection. Ein großer. Abend –  nach Stuttgart und München, bereits der dritte in zwei Wochen.

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