Erich Wolfgang Korngold: „Die tote Stadt“

oe
Zürich, 16/04/2003

Die beste Opernaufführung der Saison? Die ist ja noch nicht zu Ende, doch ist nicht gut vorstellbar, dass noch Besseres nachkommt. Also auf nach Zürich – in die Oper! Keine Choreografie, kein Ballett – doch eine Inszenierung, die ständig tänzerisch-mimisch-choreografische Sequenzen integriert – immer wenn die reale Handlung ins Surreale, in den Traum überschwappt. Ein Traumspiel eben: Paul, der um seine tote Frau Marie eine Kirche der Erinnerung errichtet hat und dort seinen Totenkult zelebriert, begegnet der ihr zum Verwechseln ähnlichen Marietta und sieht in ihr die wiederauferstandene Marie.

Im Changieren zwischen den beiden Ebenen lebt er seine erotischen Fantasien aus, und die eben hat Sven-Eric Bechtolf frei nach Sigmund Freud inszeniert und choreografiert und lässt sie ausführen von den Doppelgängerinnen (Megan Laehn als Marietta und Catherine Treyvaud als Marie), von drei Nachtschatten und einer Truppe aus einem erotischen Transvestiten-Cabaret – sexier als sie irgendein Nachtclub in Zürich zu bieten hat. Diese Eidgenossen!

Die drei Hauptrollen sind mit Emily Magee (Marietta/Marie), Norbert Schmittberg (Paul) und Olaf Bär (Arzt und Freund Frank, auch Pierrot Fritz) sowohl vokal als auch darstellerisch ideal besetzt, das Orchester in Topform und Franz Welser-Möst als ein Dirigent, der das Klangwunder von Partitur (Jahrgang 1920, als Korngold ganze 23 Jahre alt war) mit all ihren schillernden Fin-de-siècle-Reizen wie einen musikalischen Kosmos aus der Umgebung der Klimt, Kokoschka und eben Sigmund Freuds beschwört. Hinreißend! Nichts wie hin!

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