„Hommage à Balanchine“

oe
Zürich, 05/11/2003

Die zweite Vorstellung des neuen „Hommage à Balanchine“-Programms zum 100. Geburtstag des Choreografen am 22. Januar 2004. Da hat Zürich wieder einmal die Nase vorn, denn an Balanchine-Ehrungen steht uns zwischen St. Petersburg und New York in den nächsten Monaten einiges bevor. Zürich hat aber auch allen Grund dazu – nachdem Patricia Neary ihm hier zwischen 1978 und 1988 seine europäische Residenz eingerichtet hatte und Heinz Spoerli seit seinem Direktionsantritt 1996 noch in fast jeder Spielzeit eins seiner Ballette fürs Repertoire erworben hat. Balanchine war immer gern in Zürich, ließ sich von der Stadt verwöhnen und schätzte besonders die Besuche in seiner Bank am Paradeplatz.

Ein ganz großer Abend wurde es gleichwohl nicht. Dazu fehlt es der Kompanie an weltstädtischem Format. Auf dem Programm: „Rubies“ (der Mittelteil der „Jewels“-Trilogie zu Strawinskys Capriccio für Klavier und Orchester, 1967), „Duo concertant“ (Strawinsky für Violine und Klavier, 1972) und „Theme and Variations“ (Tschaikowsky, 4. Satz aus der dritten Orchestersuite, 1949). Alles live musiziert (Michael Christie mit dem Orchester der Oper Zürich, dazu die Solisten Alexey Botvinov und Ada Pesch). Die Kostüme anonym – Imitations-Karinska sozusagen. Für das Schlussballett hat Hans Schavernoch den pompösen Hintergrundprospekt entworfen: mehr Palais Garnier als St. Petersburger Mariinsky-Theater (so dass man jeden Moment den Auftritt des Phantoms der Oper erwartete).

Gewünscht hätte ich mir zweimal Balanchine und eine Spoerli-Kreation als Huldigung an den von ihm so sehr und zu Recht verehrten Meister. Was wohl auch ursprünglich geplant war, dann aber doch nicht zustande gekommen ist. Sorry! Die drei Ballette: alle rechtschaffen getanzt, das gewiss, aber doch ohne den ihnen angemessenen Esprit. Den „Rubies“ (mit den Solisten Evelyne Spagnol, Marine Castel und Akos Sebestyen) fehlte es an Brillantschliff (ich weiß: Rubies sind keine Diamanten), an Biss und funkenstiebender Brillanz. Beim „Duo concertant“ vermisste ich die große Allüre und absolute Souveränität (Lara Radda kann natürlich nichts dafür, dass sie keine Suzanne Farrell ist und Jozef Varga ist ein allzu artig-anonymer Kavalier).

Am schwungvollsten brandeten „Theme and Variations“ über die Bühne – aber auch da habe ich die Stuttgarter Produktion kristallinischer in Erinnerung – an das Format von Julia Krämer und Robert Tewsley reichen Karine Seneca und Stanislav Jermakov bei aller Kompetenz eben doch nicht heran. Aber die schwungvolle Polonaise ist natürlich nicht umzubringen. Da bündelten die von Elyse Borne einstudierten Zürcher ihre Energien und servierten das Finale wie eine Schoko-Trüffel-Kreation aus der Zürcher Patisserie von Sprüngli.

Kommentare

Noch keine Beiträge