Movimentos mit Legend Lin Dance Theatre

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Wolfsburg, 02/05/2003

Zum ersten Mal in Wolfsburg, der Volkswagenstadt, beim ambitionierten Movimentos Tanzfestival – und wer begegnet mir als erster während der Pause: Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister der Daimler-Chrysler- und Porsche-Stadt Stuttgart! Also wenn ich je einen Zweifel hatte – mit einem solchen Oberbürgermeister ist Stuttgart konkurrenzlos Deutschlands Ballettstadt Nummer eins! Der zweite Abend der zweiten von vier Kompanien – vorausgegangen waren die Brasilianer von O Corpo – es folgen noch das Dance Theatre of Harlem und Nacho Duatos Compania Nacional de Danza – ein ambitioniertes Unternehmen für eine bisher nicht gerade als besonders tanzaufgeschlossene Stadt. Volkswagen sei Dank! Freitagabend – ein volles Haus, bei immerhin rund achthundert Plätzen. Der Anmarsch über Brücken, Stege und Kanäle hinweg, umgeben allenthalben von Wasser, zwingt die Besucher geradezu in eine Choreografie hinein. Der Raum, ein ehemaliges Kraftwerk, imposant, mit guter Sicht bis in die letzte Reihe. Die Bühne, geradezu überwältigend! Das ganze Ambiente: ein fabelhaftes Environment, keinerlei Suggestion von Ersatz- oder Off-Lokalität. Kein Vergleich mit den tristen und unbequemen Etablissements aufgelassener Straßenbahndepots etc. Fortsetzung der Movimentos dringend erwünscht!

Die Kompanie The Legend Lin Dance Theatre – na ja, not exactly my cup of tea! Auch sie kommt ja aus Taiwan – aber nie käme man auf die Idee, sie mit Lin Hwai-mins Truppe zu verwechseln. Sie präsentiert in Wolfsburg „Hymne des Blumengeistes“ – ein chinesischer Vier-Jahreszeiten-Zyklus der Chefchoreografin und künstlerischen Direktorin Lee-chen-Chin. Tanztheater? Ich würde sagen: rituelle Bühnenzeremonie im Zeitlupenstil. Sicher sehr suggestiv und immer wieder ästhetisch berückend anzusehen (besonders wenn die Blätter des Herbstes herabrieseln) – aber für unser Zeitempfinden doch reichlich langatmig! Zugegeben: dass das Ganze im Zusammenwirken mit den Klang-Exercises auf Trommel und Pipa narkotische Wirkung ausübt, aber mir, trotz der geradezu brutal-kannibalistischen Kampfexplosionen, zu monoton. Und nicht nachvollziehbar die auf Frühling, Sommer, Herbst und Winter bezogenen dramatischen Suggestionen. Alles in allem doch ein sehr zwiespältiger Eindruck – keine Konkurrenz zum Cloud Gate Dance Theatre jedenfalls, auf dessen Gastspiel mit „Moonwaters“ in der nächsten Woche in Baden-Baden wir nun doppelt gespannt sind!

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