Quasar Companhia de Dança

oe
Ludwigsburg, 14/06/2003

Eine Kompanie, die wie ein Tornado über die Bühne der Ludwigsburger Karlskaserne fegt: die sieben brasilianischen Tänzer von Quasar (die schon bei ihrer ersten Tournee 1996 in Berlin, Hamburg und Frankfurt Furore machten). Ihr Choreograf ist der 39-jährige Henrique Rodovalho. Sein pausenloses Ein-Stunden-Stück trägt den Titel „Choreografie zum Hören“. Der verursacht zunächst Beklemmung, denn er suggeriert hierzulande augenblicklich die Quasselballette der Neuen Deutschen Schule. Davon kann bei den Brasilianern nicht die Rede sein. Straßensongs, Rap, Schreie, sonstige Verlautbarungen. Man versteht kein Wort, denn das geht alles auf Portugiesisch vor sich. Eine Noise-Mixtur, die einem weder das Hören und schon gar nicht das Sehen vergehen lässt.

Die einzelnen Szenen, Soli, viele Duos, auch Trios, manchmal sind auch noch mehr Tänzer beteiligt, erst am Schluss treten alle sieben zusammen auf, rauschen wie Videoclips an einem vorbei, umnebeln einem die Sinne („Festival der Sinne“ heißen die Ludwigsburger Schlossfestspiele). Schlimmes schwant einem, wenn man die Kostüme von Shell Jr. und Vera Bicalho sieht, denn die Tänzer in ihren Flohmarkt-Klamotten tragen alle dicke Knie- und Gelenkschützer. Haben sie auch nötig. Denn was Rodovalho von ihnen an Bodenexercises verlangt, ist atemberaubend. Wie ihre ganze Schau, die wie ein ICE vorbeijagt – noch ein paar Stundengeschwindigkeitskilometer mehr als O‘Day (in „dreamdeepdown“) und McGregor (in „Nautilus“).

Eine choreografische Mixtur aus Modern, Jazz, Show, Brasilia, Samba, Break, Hiphop und sonst noch allem Möglichen und Unmöglichen, die jedenfalls unweigerlich zu Kopfe steigt. Ständig irgendwelche Komplementär-Arrangements – besonders eines mit miteinander verschränkten Köpfen. Und das alles absolut synchron. Dazu die lustigsten Kapriolen in der Luft. Und Gänge in der Hocke und auf einem Arm, die man nicht für möglich hält. Ab und zu ein Augenzwinkern, dass das alles nicht so ganz ernst gemeint ist. Denn Humor ist auch beteiligt. Wie man den noch aufbringen kann, bei diesen physischen Extrembelastungen ist mir vollends schleierhaft. Extrem – ja, das ist das Wort! Extremtanz! Zum Bauklötze-Staunen! Diese Brasilianer ...

Kommentare

Noch keine Beiträge