„Tanz unterm Hakenkreuz“

im WDR-Fernsehen am 18. Februar um 0.05 Uhr

oe
Stuttgart, 16/02/2003

Pünktlich zum Kölner Symposion über „Tanz und Politik“ hatte der WDR seinen von Annette von Wangenheim produzierten einstündigen Film „Tanz unterm Hakenkreuz“ fertiggestellt und konnte ihn so den Teilnehmern des Symposions als Voraufführung präsentieren. Das normale Publikum bekommt ihn nun zu nächtlicher Stunde am Dienstag, dem 18. Februar um 0.05 Uhr zu sehen – so es denn überhaupt das dritte Fernsehprogramm aus Köln empfangen kann. Es lohnt sich unbedingt, so lange wach zu bleiben, denn der Film vermittelt wirklich einen ersten Überblick über den Tanz und seine Persönlichkeiten im Dritten Reich.

Es ist ein sehr kritischer Film geworden, produziert von Nachgeborenen, die hart mit der Generation ihrer Großväter und Großmütter ins Gericht gehen – insbesondere mit den Prominenten des deutschen Ausdruckstanzes à la Laban, Wigman, Palucca und Kreutzberg, aber auch mit solchen Persönlichkeiten wie Böhme, Niedecken-Gebhard, Meudtner, Köster-Stahl und La Jana. Die sich hier besonders engagiert ins Zeug legen, sind Julia Marcus (mir bisher unbekannt), die französische Historikerin Laure Guilbert und Patrizia Veroli, die allerdings kaum gerne hören wird, wie ihre Kollegin Liliana Karina (Ko-Autorin mit Marion Kant des Buches „Tanz unterm Hakenkreuz“) Milloss nach seiner Vertreibung aus Deutschland beurteilt.

Natürlich ist der Film hauptsächlich auf schriftliche Zitate und Standfotos angewiesen, da es aus jenen Jahren wenig filmische Aufzeichnungen von Tanzaufführungen gibt. Die Ausschnitte, die gezeigt werden, sind allemal ansehenswert: Wigman, Palucca, Laban, Kreutzberg, auch Groke – die Vorbereitungen für das Olympische Festspiel von 1936, ein Vorstellungsschnipsel der Deutschen Tanzbühne, das Ballettgastspiel der Oper von Rom in Berlin, das Hiller Ballett, das Deutsche Filmballett, La Jana bei der Truppenbetreuung ... Vermisst habe ich das KDF-Ballett von Derra de Moroda, auch Chladek, die Geschwister Höpfner, die Gsovskys, Georgi ... Aber dieser Film ist natürlich nur ein Anfang – unbedingt wünschenswert wäre auch eine ähnliche Filmdokumentation über den Tanz in der DDR.

Dazu ein Wort in eigener Sache. In der ganzen Diskussion über den Tanz während des Naziregimes tun die Beteiligten alle so, als hätte es sich bisher um ein Tabu-Thema gehandelt. Ansätze dazu – nicht mehr, aber auch nicht weniger (vor allem die Überzeugung, dass der deutsche Ausdruckstanz mit seiner ganzen obskuren Laban-Ideologie den Nazis in die Arme gearbeitet hat) – gab es immerhin bereits im Spring-1974-Heft Nr. 57 der amerikanischen „Dance Perspectives“ unter dem Titel „In the Shadow of the Swastica – Dance in Germany 1927-1936“. Und schon in „Ballett 1972“ hatte es einen ersten Überblick „Tanz in die Dreißiger Jahre“ gegeben, gefolgt von „Tanz in den Abgrund – Chronik deutscher Tanzereignisse: 1936-1944“ in „Ballett 1973“.

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