VeraSanderArtConnects mit „amygdala´s turmoil“

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Stuttgart, 16/01/2003

Wieder so ein Wortungetüm als Herkunftsbezeichnung – wieder so ein publikumsverschreckender Titel: „amygdala‘s turmoil“, gerade eben uraufgeführt am tanzhaus nrw Düsseldorf und schon im Stuttgarter Treffpunkt Rotebühlplatz. Auf dem Programmzettel lesen wir dann „amygdala bezeichnet den Mandelkern – eine Nervenstruktur im Gehirn, die für die Speicherung von Erinnerungen zuständig ist. Turmoil ist englisch und wird mit Aufruhr, Durcheinander übersetzt“. Aha!

Pflegeleicht ist er nicht, dieser Aufstand im Feld der Erinnerung, dessen Choreografie und Konzept von Vera Sander stammt, die auch mit Horst Mühlberger zusammen für die Bühne verantwortlich zeichnet, auf der sich die drei Tänzer Volkhard Guist, Martina Montero Arregui und Teresa Ranieri tummeln. Mit von der Partie sind der Musiker Dirk Specht, Vera Sander nochmals, zusammen mit Thorsten Alick, für die Video-Projektionen, Horst Mühlberger als Licht-Designer, Vera Sander zum vierten als Kostümbildnerin (zusammen mit Peter van de Logt) und Christoph Burger, zuständig für die Technik. Jemand vergessen? Doch: eine große Plastiktüte, die eine der beiden Tänzerinnen ausleert – eine andere Frau Holle sozusagen, denn über die Bühne ergießt sich daraus eine große Menge von etwas – sieht nach Gänsefedern aus. Die werden dann von den Tänzern kräftig herumgewirbelt und bedecken schließlich den ganzen Boden, könnten auch Schneeflocken sein.

Interessant sind auch die ständig wechselnden Video-Projektionen, die den Raum beleben, in dem sich die Tänzer in einem heftig-hektischen Espressivo echauffieren, solistisch, in aufeinander klatschenden Duos, kaum in Dreierkombinationen, mit viel Gekrauche und Gerutsche auf dem Boden. Es ist jedenfalls viel los und alle drei bewegen sich als seien sie mit einer Überdosis Speed gedopt. Die Beleuchtung spielt eine wichtige Rolle und scheint die Tänzer stellenweise richtig auszuziehen. Eine der Tänzerinnen betätigt sich dann mittels ihrer Haare als eine Art Windmaschine, die die Federflocken lustig herumwirbelt. Nach der siebzigminütigen Psycho-Session wissen wir jedenfalls, wie es im neurologischen Erinnerungszentrum der Tänzerin, Choreografin und Pädagogin der Abteilung Tanz an der Kölner Musikhochschule zugeht – eben: äußerst turbulent und schweißtreibend. So, könnte ich mir vorstellen, mag es im Erinnerungs-Nervenzentrum jener anderen Vera zugehen mit Namen Brühne, wenn sie an ihren Mordprozess zurückdenkt.

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