„Zweier Geschichten“ von Katja Erdmann-Rajski im Theaterhaus

oe
Stuttgart, 05/01/2003

Pflegeleicht sind sie nicht gerade, die „Zweier-Geschichten“, annonciert als „Zeitgenössische Bewegung in der Musik – Vom Ballett bis zum Breakdance“, die jetzt als Produktion des Theaterhauses Stuttgart, der Musikhochschule Stuttgart und des Produktionszentrums Tanz und Performance e.V. Premiere hatten.

Ob aus den Duo-Kombinationen von Musik und Bewegung eine echte Dreierbeziehung wird, an der auch das Publikum seinen Anteil hat, hängt von der Bereitwilligkeit der Zuschauer ab, sich auf die fünf Laborversuche einzulassen, die Erdmann-Rajski und ihre akustische und choreografische Seilschaft – die Komponisten Klaus Dreher, Marco Stroppa und Ulrich Süsse, die Lichtdesignerin Doris Schöpf, der Klangregisseur Igor Stepanow, die fünf MusikerInnen, der Moderator Bernd Lindner und die neben der Projektleiterin beteiligten sieben Motionsartisten – gut zwei Stunden lang praktizierten. Die nach Wangen Gepilgerten schienen sich jedenfalls bereitwillig von den neunzehn Laboranten instrumentalisieren zu lassen.

Das begann recht langwierig mit den Fights, die sich drei Tänzerinnen mit sich selbst, ihren Ellenbogen, dem Raum und den sie aus dem Klavier und dem Computer attackierenden Klängen von Süße lieferten – wobei man nicht ohne Erstaunen feststellte, was alles man mit seinen zwei Ellenbogen anstellen kann. Ausgesprochen lustig ging‘s danach in „pppp2 zu, Süsses piano ping pong piece for two players and tape, in dem das auf vielerlei Art malträtierte Klavier als Tischtennisplatte für eine klanggenerierte Choreografie der lustig hüpfenden Bälle diente –  sozusagen eine höchst aktuell auf unseren neuen Tischtennisdarling Timo Boll zugeschnittene Hommage.

Sehr viel strenger ging‘s dann nach der Pause zu, als sich der faszinierend phantasievolle und vielseitige Schlagzeuger Dreher mit seinen diversen Apparaten auf einen Raumerkundungstrip begab, während Erdmann-Rajski sich zu seinem „comme un oiseau, noir et blanc“ aus ihrer larvenhaften Verpuppung zu befreien suchte – einer Art Studie aus dem Skizzenbuch zu Jerome Robbins‘ Ballett „The Cage“. Nicht gerade um „Sein oder Nichtsein“ ging es danach in dem sich auf Hamlets „Ay, there´s the rub“ berufenden Pas de deux für Cello-Solo von Stroppa und Doris Schöpf als Lichtgestalterin – immerhin hielten einen die von Mateusz Szymyt seinem Instrument entlockten sirenenhaften Klänge so beschäftigt, dass man sich gern den Farbbädern überließ, in die simultan unser Gehör getaucht wurde.

Richtig turbulent wurde es dann am Schluss, als Süsse und Erdmann-Rajski in „Zwei x Vier“ das Oktett der Musiker und Tänzer kräftig aufmischten – in einer globalen Sound and Motion Farce, die durch die Beteiligung des Breakdancers Adriano Miele und Andreas Pieronczyks als Spezialisten für fernöstliche Kampfsportarten einen geradezu surrealistischen Touch erhielt. Fehlte nicht viel, und wir hätten uns auf der Stelle bei einem Casting für einen Kung-Fu-Film anheuern lassen.

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