Ein Jeune Premier tritt ab

Zum Tod von Rainer Köchermann

oe
Stuttgart, 11/11/2004

Erst jetzt ist durchgesickert, dass Rainer Köchermann Ende vorigen Monats (am 28. Oktober?) vierundsiebzigjährig in Frankfurt gestorben ist. Geboren in Chemnitz (wie Gert Reinholm), studierte er in Berlin bei Tatjana Gsovsky und Gustav Blank, begann als Tänzer 1949 an der Deutschen Staatsoper in Ostberlin, ging dann mit Tatjana Gsovsky 1951 an die damalige Städtische Oper in Westberlin, wo er bis 1955 als Solist wirkte – anschließend auch in Frankfurt und von 1960 bis 1973 bei Peter van Dyk in Hamburg.

Er kreierte zahlreiche Rollen in den Balletten von Gsovsky, Blank, Walter Gore und van Dyk – seine berühmteste war vielleicht der Laertes in Gsovskys Berliner Erstaufführung des „Hamlet“ 1953. Damals war er also gerade dreiundzwanzig – und so hat er sich auch meiner Erinnerung eingeprägt, ein junger Bursche mit guten Manieren, ein eleganter Klassizist mit federndem Sprung, kein bisschen manieriert, frisch und von gewinnender Herzlichkeit, der an der Seite solcher Ballerinen wie Maria Fris oder Suse Preisser aufblühte und noch in den Balanchine-Einstudierungen in Hamburg von einer unverwüstlichen Jugendlichkeit schien.

Später wirkte er noch von 1974 bis 1976 als Ballettchef in Osnabrück und von 1976 bis 1981 in Saarbrücken und leitete von 1984 bis 1998 (als Vorgänger von Günther Pick) den Ballettbereich bei der Zentralen Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung der Bundesagentur für Arbeit in Frankfurt. Dort blieb er dann nach der Übersiedelung der Agentur nach Bonn und litt in seinen letzten Jahren an seiner auch durch diverse Chemotherapien nicht mehr zu heilenden Krankheit. Aus dem Nachkriegsberlin, als dort das Ballett noch von einer stürmischen Aufbruchsstimmung erfüllt war, ist er nicht wegzudenken.

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