Tanztheater, Made in England

Phoenix Dance Theatre 04

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Ludwigsburg, 03/11/2004

Mit einer Vorstellung im total ausverkauften Forum am Schlosspark eröffnete das Phoenix Dance Theatre aus dem englischen Leeds die neue Spielzeit der Tanzveranstaltungen des Ludwigsburger Kulturamtes: eine kleine, feine, bestens konditionierte High Energy Truppe, aufgeladen mit spannungsknisternder Elektrizität. Ihr Chef ist Darshan Singh Bhuller, in Indien aufgewachsen, aber inzwischen komplett anglisiert, Choreograf in eigener Sache, der sich vorgenommen hat, ein Repertoire von Stücken unterschiedlicher choreografischer Handschriften aufzubauen.

Deren gab es in Ludwigsburg vier, alle Jahrgang 2004. Das beste stand gleich am Anfang: „Signal“ von Henri Oguike für fünf Tänzer, drei Frauen und zwei Männer, zu japanischer Trommelmusik, deren rhythmische Energie die Tänzer in ihren roten Kostümen von Elizabeth Baker wie Feuerteufel über die Bühne katapultierte, wenn sie sich nicht gerade zuckend und an allen Gliedern vibrierend auf dem Boden wie Zitteraale wanden. Hochinteressante verquere Axialverschiebungen ergaben außerordentlich komplexe Körperhaltungen, die sie manchmal wie marionettenhafte Gliederpuppen erscheinen ließen.

Danach dann „Can You See Me“ von Rui Horta, hierzulande bestens bekannt aus Frankfurt und München, inzwischen wieder nach Portugal zurückgekehrt: eine lockere Assemblage höchst aggressiver Sketches, entsprechend den lautstarken Soundattacken von Jimi Hendrix, mit zwei Tänzerpaaren in buntscheckigen Second-Hand-Klamotten, unter ihnen ein Mann (Erroll White?), anzusehen wie ein William Forsythe, der für ein Casting „Ich bin ein Tänzer – Holt mich hier raus!“ um sein Leben tanzt. Er scheint Erfolg zu haben, denn am Schluss beruhigt sich die ganze Exaltiertheit, und das Stück klingt so gesoftet aus wie die Musik, die dann offenbar von Tiago Cerqueira stammt.

Von Bhuller selbst stammt ein sehr schön kantabler Pas de deux „Source 2“ für Lisa Wellam und Yann Seabra zu einem Quartett für Streicher von György Kurtag akkompagniert von Fotografien Anthony Crickmays, ohne dass ein Bezug zu den Tänzern auszumachen gewesen wäre. Wenn die beiden Tänzer am Schluss nackt auftreten, in herbstlich gedimmter Beleuchtung, wirkt das Ganze wie ein Stripmodelling für ein erotisches Hochglanzmagazin.

Die Schlussnummer beginnt dann mit dem ohrenbetäubend aufgedrehten „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss und schließt mit der elektronisch verhackstückten Frost-Szene aus Henry Purcells „King Arthur“, dazu führen sieben Tänzer eine Folge von surrealistisch vergagten Cartoons aus, zunächst auf Rollstühlen umhersausend, was anfangs ganz lustig wirkt, dann, von einer anonymen Stimme kommandiert, als Arbeiter in einer Spielzeugfabrik am Fließband malochend. Das nennt sich „Polystrene Dreams“ und stammt von der aus Deutschland stammenden Choreografin Maresa von Stockert. Soll offenbar eine schwarzhumorige Farce sein. Na ja!

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