Abschied von einem Kunstliebhaber

Am 8. Januar starb Eugen Lude

oe
Stuttgart, 13/01/2005

Aber was heißt hier Kunstliebhaber? Eugen Lude, der vor ein paar Tagen in Stuttgart starb, gerade mal dreiundfünfzig Jahre alt, war ein Kunstbesessener. Ein Mann, bei dem die Chemie seines Lebens und seines Berufes hundertprozentig stimmte. Denn seine Profession war die eines Chemielehrers. Sein Leben aber gehörte der Kunst. Bloß die Chemie seines Körpers spielte da nicht mit. Und so sahen wir ihn seit Monaten schwächer und schwächer werden – was ihn aber nicht daran hinderte, sich noch zur Silvester-Gala des Stuttgarter Balletts zu schleppen. Und ich bin glücklich, denken zu können, dass er während der vier Stunden der Vorstellung so kurz vor seinem Tod noch einmal alle Schmerzen vergaß und ganz in der Kunst aufging. So erlebten wir ihn an jedem Abend, an dem wir uns im Theater begegneten.

Wo kam er gerade her? Aus Sydney, aus New York, aus Wien, aus Hamburg? Mir total unverständlich, wie man die Kunst und die Chemie so geradezu ideal in mystischem Einklang miteinander vereinigen konnte. Aber er konnte es. Und wie er schwärmen konnte! Etwa von Roberto Bolle als Romeo – doch da weiß ich gar nicht, wo ich aufhören könnte, wenn ich einmal mit der Aufzählung seiner begeisterten Vorstellungserlebnisse beginnen würde. Ob Oper oder Ballett – er schien, durchaus nicht unkritisch, zumindest im Theater auf Wolke Sieben zu schweben. Und er hatte ein großes Herz für seine Freunde, mit denen er so gerne feierte – und mit denen er in so reichem Maße gesegnet war.

Leute wie ihn kann es gar nicht genug geben – aber sie sind natürlich in der Minderzahl. Und sie sind unersetzbar – ich denke, hier in Stuttgart, an die unvergessene Operngräfin und an den Rechtsanwalt Jörg Bofinger – und nun also Eugen Lude. Wir werden ihn vermissen. Auf seinem Grabstein aber könnte ich mir keine stimmigere Inschrift vorstellen als diejenige, die sich der Theaterdirektor La Roche in Richard Straussens „Capriccio“ auf dem seinen wünscht: „Die Götter haben ihn geliebt, die Menschen ihn bewundert!“ So wie sein Lebenspartner Robert und der um ihn trauernde ...

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