Ein enttäuschender Fernsehauftritt

Caroline Rocher und Ivan Liška bei Johannes B. Kerner im ZDF

oe
Stuttgart, 02/03/2005

Darauf war ich nun wirklich gespannt! Denn ich mag die Talkshow von Johannes B. Kerner und bin dort zahlreichen Persönlichkeiten begegnet, die viele interessante Dinge über ihr Leben zu berichten wussten, von denen ich vorher keine Ahnung hatte. Und nun endlich einmal eine Tänzerin und ein Ballettchef aus den höchsten Rängen des deutschen Tanzolymps. Und dazu zwei so gegensätzliche Typen wie Caroline Rocher, Gruppentänzerin im Bayerischen Staatsballett und ihr Chef, Ivan Liška, höchstpersönlich.

Da war ich auf ein funkenstiebendes Gespräch gefasst. Es wurde indessen eine der langweiligsten, nichtssagenden Talkshows, an die ich mich erinnern kann. Das lag gewiss auch an Kerner, der keine Fragen an Rocher stellte, die uns ein bisschen mehr über ihre Herkunft, ihren Entschluss, ausgerechnet nach München zu gehen, ihr Verhältnis zu ihren Kollegen (und ihrer Kollegen zu ihr) verraten hätten, auch über ihre Beziehung zu Boris Becker („Lebensgefährtin“) und über ihre künstlerischen Ambitionen. So rannte sich ihr Dialog an ihren Fotos für den Playboy fest und ihre jungmädchenhafte Schwärmerei für Josephine Baker. Jedenfalls musste man Boris Becker bestätigen: Geschmack hat dieser Bursche – intellektuelle Ansprüche an seine Partnerin wohl eher weniger.

Aber das war noch mehr als wir vom altväterisch-einsilbigen Liška erfuhren, der gern die von Kerner ihm zugespielte Auszeichnung des Bayerischen Staatsballetts als „Company of the Year“ aufgriff und aufzählte, wie viele Vorstellungen seine Kompanie pro Jahr in München und auf Tourneen tanzte. Nichts dagegen, was wir von ihm gern gewusst hätten: wie geht man als Chef mit einer so glamourösen und medienträchtigen Frau um, die doch NUR eine Corps-de-ballet-Tänzerin ist (die wir in Aktion gerade mal in einem kurzen Ausschnitt aus Forsythes „Limb‘s Theorem“ zu sehen bekamen, der zudem so dunkel war, dass man regelrecht nach ihr suchen musste). Aber vielleicht hätte sich Liška von seinem hochintelligenten Vize doch vor seinem Auftritt kurz „briefen“ lassen sollen, wie man seine Kompanie mit einer solchen Starpersönlichkeit der Understatement-Klasse publikumswirksam verkauft.

Eine verschenkte Gelegenheit! Doch warten wir ab: vielleicht entwickelt sich ja Caroline Rocher, medienpolitisch clever betreut von der Public-Relations-Abteilung des Bayerischen Kultusministeriums, eines Tages noch zur deutschen Antwort auf Anna Kournikova, beziehungsweise Anastasia Volochkova.

 

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