Motion-Emotion - Die Sprache des Körpers im Modern Dance

Ein Fotografie-Bildband von Irinel Stegaru

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Stuttgart, 19/04/2005

Dieser Bildband in schwarz-weiß ist nichts für Liebhaber der konventionellen Tanzfotografie, die ihre Favoriten möglichst genau und konturenscharf im Höhepunkt ihrer Bewegungssequenz (der natürlich auch eine Pose sein kann) abgelichtet wissen wollen. Derlei Ehrgeiz verfolgt Irinel Stegaru, aus Rumänien gebürtige, in Mannheim ansässige Vertreterin der fine art photography nicht. Was sie fasziniert, ist, den menschlichen Körper und seine Ausdruckskraft im Tanz einzufangen – das, was im Laufe der Performance an einem vorbeirauscht, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Das ist eine Sehweise, die gewöhnungsbedürftig ist – die sich einem jedoch beim Durchblättern ihres Bildbandes mit Live-Fotografien aus der internationalen Modern Dance Szene peu à peu erschließt („Motion“, erschienen bei Scala 2001, 80 Seiten, 49,- Euro, ISBN 3-935784-01-5).

Die allerdings die aktive Mitwirkung der Fantasie des Betrachters erfordert. Der Band, ursprünglich erschienen als Katalog einer Foto-Ausstellung von Stegaru in Frankreich, Italien und Schwetzingen, wird eingeleitet von einer Reihe kluger Essays von hierzulande eher unbekannten französischen Autoritäten (auch in deutscher Sprache) über „Die Reduktion auf ein Ideogramm“, „Tanz als fotografische Aufgabe“ und „Die Fotografie des Tanzes“. Ergänzend dazu gibt es einen Bilder-Index mit detaillierten Angaben zu den Aufnahmen, den Choreografen, ausführenden Tänzern und Kompanien. Die Auswahl ist weltweit, viel Mannheim, aber auch Wuppertal und Stuttgart, NDT, Aterballetto, Paris, Gulbenkian-Lissabon, Spanien, Amerika (auch Cunningham und Pilobolus) und Südamerika.

Stegaru arbeitet viel mit schwarzen Räumen, aus denen scharfe Lichtsequenzen herausgeschnitten sind, in denen sich die Tänzer und ihre Schatten bewegen – mit verschwommenen Konturen des Bewegungsflusses. So wirken die dargestellten Momente oft wie von aller Erdenschwere und Bodenhaftung losgelöst, frei im Raum schwebend. Sehr eigenwillig das Ganze und, wie gesagt, nichts für Tanzliebhaber, die eine Marcia Haydée, eine Elisabeth Maurin, eine Anna Grabka, einen José Luis Sultán, einen Manuel Legris, einen Philipp Egli oder Ismael Ivo erkennen wollen. So ist man aufgerufen, beim Betrachten der Fotos selbst zum Choreografen zu werden und die abgelichtete Sequenz in der eigenen Imagination fortzuführen. Es handelt sich also um Tanzausschnitte, die ständig über das Seitenformat (24 x 30 cm) hinaustanzen. Die nächste Ausstellung von Fotos Irinel Stegarus findet vom 21. April bis zum 31. Juli 2005 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe statt.

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