Am Theater Hof folgt auf die „Ära Graczyk“ Ballettchefin Barbara Buser

Junge und nicht so ganz junge Choreografen unterhalten gut

Hof, 24/10/2008

Das Ballett am Theater Hof hat den Wechsel von Jerzy Graczyk zu Barbara Buser glänzend geschafft. 23 Jahre leitete der Pole die kleine Kompanie. Drei Jahre war er vorher Solotänzer in der Kleinstadt an der oberen Saale zwischen Gera und Bayreuth. Mit Minkus' „Don Quijote“ in eigener Fassung nach Petipa und Gorski hatte die Stadt ihm einen opulenten Abschied gewährt. 20 Ballettschüler aus Prag ergänzten die zwölfköpfige hauseigene Truppe. Das Publikum in der überaus theaterfreundlichen Stadt jubelte, bis das verglaste, hochelegante, neue Theatergebäude förmlich klirrte und vibrierte.

Garczyks vormalige Assistentin Barbara Buser gibt mit ihrem ersten Programm eine respektable Visitenkarte ab: Im Großen Haus wird Hagens Ballettchef Ricardo Fernando seinen Publikumsrenner „All you need is Dance“ einstudieren (Premiere ist am 30. Januar 2009). Zwei Abende gehen über die Studio-Bühne: Als Zweiteiler Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ und „Der Tod klopft an die Tür“ mit Musik des zeitgenössischen Komponisten Christian Jost (Premiere: 22. Januar 2009) sowie „Ballett im Studio“ mit Szenen junger Choreografen aus dem Haus. Das Kinder-Theater Oberfranken (KTO), seit fünf Jahren eigenständige Sparte am Theater Hof, zeigt das Kinderballett „Das Zauberwort“ nach dem Singspiel von Josef Rheinberger auf das Märchen „Kalif Storch“. Choreograf ist der Tänzer Robert Kulanin, der die Kindertruppe leitet und sich gerade mit drei unterschiedlichen Kurzchoreografien als der interessanteste der „Jungen Choreografen“ auswies. In seinem Gruppenstück „Inferno“ zieht ein dämonisch-laszives Weib-Wesen (Kathrin Schmidt) alle Menschen wie magisch in seinen Bann. Dynamische Aktionen, glänzende Formationen und Raumnutzung auf fantastisch motorische elektronische Musik der englischen Band The Prodigy sowie von Hans Zimmer, dem weltberühmten deutschen Filmkomponisten (u.a. jahrelang Chefkomponist für Steven Spielberg, Soundtrack zum Oscar-prämierten Hollywoodstreifen „Rain Man“) bilden den Auftakt, an dem sich die weiteren acht Beiträge des ungemein vielseitigen, unterhaltsamen Abends messen lassen müssen.

Mit dem sehr originellen Frauen-Duett auf Debussys Ohrwurm aus der indischen Oper „Lakme“, dem Blumenlied für zwei Frauenstimmen, bestätigt Kulanin seine außergewöhnliche Sorgfalt und Originalität der Musikwahl. Tanztechnisch orientiert er sich zur Neoklassik hin, die Kathrin Schmidt und Yoko Furihada mit Eleganz und Charme präsentieren. Ganz klassisch, aber ein wenig stereotyp ist Kulanins „Aufforderung zum Tanz“ auf Musik des polnischen Zeitgenossen Wojciech Kilar als kleiner Pas de deux zweier Verliebter (sehr graziös die fröhlich lächelnde Yoko Furihata, ein etwas hölzerner „Schrank“ Leszek Januszewski).

Wunderschöne Bilder – wie der „Sterbende Schwan“ gleich als ganze Reihe in der Diagonale – zaubert Mariusz Czochrowski in „A.S.Y.K.E.Y.“ Der kryptische Name ist eine Reihung der Anfangsbuchstaben der sechs Tänzerinnen – was für eine galante, hübsch anzusehende Hommage! Witzig chaplinesk kommt das Gruppenstück „Juntos“ von Sandra Ehrensperger auf schmissige Musik des Buena Vista Social Club daher. Das Tüpfelchen aufs i dieses erstaunlich einfallsreichen Abends setzt die als Choreografin nicht mehr so ganz junge Ballettchefin selbst. „Tango Feelings“ von Barbara Buser – natürlich begleitet vom Sound Astor Piazollas – ist eine rassige, knisternd erotische und grundehrliche Choreografie – so viel angemessener als hätte sie sich, wie leider anderswo geschehen und gescheitert, an Hans van Manens „Fünf Tangos“ mit ihrer Truppe gewagt. Den eigenen Tänzern auf den Leib geschrieben – das hat an diesem „Ballett im Studio“ wirklich gut geklappt.

www.theater-hof.com

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