Fliegende Spitzenschuhe

Die Tänzerin Agnès Noltenius im Gärtnerplatztheater

München, 28/10/2008

Das Geld ist knapp, aber dank der Kooperationspartner in München kann das Festival „Dance“ doch eine Reihe von Uraufführungen bieten. Die Schauburg steuerte bereits im Vorfeld „John Maynard“ bei, und Hans Henning Paar brachte ein neues Stück von Agnès Noltenius unter: „Senso Solo“. Vor Paars Duett „... Lass mich deinen Mund küssen“, William Forsythes glänzend getanztem „Trio“ und Marco Goeckes dunklem „Sweet, Sweet, Sweet“ begab sich die ehemalige Forsythe-Tänzerin auf autobiographische Spurensuche.

Inspiriert von den Gedanken von Georges Perec zum Raum, verbindet Noltenius, die 2006 zu choreographieren begann, ihren Zugriff auf den Ort mit ihrem Entwicklungsweg als Tänzerin. Die choreographische Ortsbestimmung gelingt, hingegen verheddert sich die der eigenen Biographie in dem siebenteiligen Solo immer wieder. Einerseits setzt Noltenius sehr klar und bewusst Musik und Licht (von Sylvie Garot) ein, agiert eindrucksvoll in den elektronischen Klanglandschaften, in Schatten und Helligkeit. Andererseits möchte sie damit anscheinend doch die ganz große Lebensgeschichte erzählen, den Weg von der Tänzerin in Schläppchen zur Ballerina auf Spitze, zu Forsythe und schließlich zu sich selbst.

Das klappte auch schon bei Malakhov und Sasha Waltz nicht, weil immer mit denselben Klischees gearbeitet wird. Spitzenschuhe fliegen in den Raum, sie zieht sie an, exerziert mit hängenden Armen einige Pas de bourrée, steigert sich zum Stampfen, reißt sich später die Schuhe von den Füßen, um barfuß Forsythes zum Stil gewordenen Bewegungserkundungen zu demonstrieren. Zum Schluss bewegt sie sich an der dunklen Rampe, angestrahlt ist der Posaunist Sven Strunkeit im Hintergrund, der einen gregorianischen Choral spielt. Hier ist Noltenius endlich bei sich angekommen. Es könnte spannend werden, wenn sie von dort aus ihre choreographischen Erkundungen weitertreibt.

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